BAITS sind eine vierköpfige Rockband aus Wien. Mit reißerischen Überschriften ohne Inhalt haben sie wenig am Hut. Im Gegenteil, mit dem Albumtitel „All Filler No Killer“ stapeln sie eher tief. Wir sprachen mit Sängerin, Texterin und Gitarristin Sonja und Schlagzeuger und Produzent Fazo über ihre Mischung aus Grunge und Punk mit poppigem Abgang und positiver Ausrichtung.
Sonja, du hast BAITS ursprünglich mit zwei anderen Musikern gegründet, richtig?
Sonja: Genau, das war schon vor Ewigkeiten, da habe ich mit zwei Spaniern zusammen die Band gegründet. Es war erst ein Nebenprojekt, ich war zu dem Zeitpunkt noch in einer anderen Band. Nachdem die sich dann aufgelöst hat, wurden BAITS plötzlich zum Hauptprojekt, und dann hat es nicht lange gedauert, bis Fazo dazugekommen ist. Ab da lief die ganze Energie dort hinein, da es einfach sehr viel Spaß gemacht hat.
Hat sich der Sound dann nochmals verändert?
Sonja: Ja, bis dahin war das Ziel immer, dass wir Spaß beim Songwriting haben wollten. Es ging aber nicht um wirklich viel. Einmal im Jahr haben wir bei uns in der Gegend gespielt und der Anspruch war ein ganz anderer.
Worum geht es jetzt?
Sonja: Jetzt geht es darum, die größte Band der Welt zu werden, was sonst?
Auf „All Filler No Killer“ spürt man eine Lockerheit, die vielen Bands abgeht. Wie würdet ihr den Sound beschreiben?
Fazo: Soundmäßig hat sich im Vergleich zum letzten Mal schon viel verändert. Es ist eine klassische Mischung von dem, was in den Neunzigern cool war. Grunge, Rock und Punk, aber alles sehr klassisch. Deshalb haben wir den Albumtitel auch so gewählt, weil wir unseren Sound konzentriert auf Platte bringen wollten. Da ist kein Platz für Spielereien. Es sind klare und einfache, aber eben auch coole Strukturen.
Sonja: Die Strukturen kommen schon aus der Popmusik, mir ist wichtig, dass der Song eingängig ist. Wenn man ihn hört, soll schnell etwas hängenbleiben. Das ist uns auf dem Album gut gelungen.
Habt ihr bewusst auf eine Platte hingeschrieben und eine bestimmte Stimmung angepeilt?
Sonja: Wir hatten viele Auswahlmöglichkeiten, da wir in der guten Position waren, dass es viele Demos gab, die wir in den letzten Jahren gesammelt haben. Da konnten wir die raussuchen, die für uns am besten funktioniert haben, am spannendsten oder lustigsten waren. Dann war der Aufnahmeprozess dieses Mal ganz anders.
Fazo: Es war erst so, wie es eigentlich immer war, die Songs hatten drei Stadien. Es gibt erst die Idee und ein Riff von Sonja, dann machen sich alle gemeinsam dran. Und dann kommt noch der beängstigende Teil im Studio, bei dem alles offengelegt wird, nackt vor einem liegt und dann meistens noch mal komplett verändert wird. Dann ist der Song irgendwie fertig. Dieses Mal war es aber anders, da wir davor Singles veröffentlicht haben, die größtenteils altes Zeug waren, so kreative Übergangsstücke, die uns zu dem neuen Sound geführt haben. Uns war wichtig, dass die Songs miteinander funktionieren.
Sonja: Beim letzten Mal gab es quasi keine Vorproduktion. Das ist bei Bands oft so beim ersten Album, man geht halt einfach mit den Songs ins Studio, die man hat. Und dieses Mal haben wir uns mehr damit auseinandergesetzt, was für uns funktioniert und wie wir gut arbeiten können. Bei der Vorproduktion haben wir viel Zeit in die Songs investiert und geschaut, was wir noch herausholen können. Dieser Prozess hat am längsten gedauert, das Aufnehmen ging dann schnell.
Fazo: Es war witzig, dass wir uns eher damit befasst haben, Dinge wegzunehmen, statt Neues hinzuzufügen. Christopher fand die eine Bridge total schön und hier noch das tolle Solo, aber die einstimmige Meinung war „weg damit“, da es einfach keinen Sinn ergeben hat.
Sonja: Reduzieren auf das, was zählt.
Früher war es oft so, dass ihr Songs lange live gespielt habt, bevor ihr sie aufgenommen habt. Jetzt war es umgekehrt.
Sonja: Wir haben in den letzten Jahren viel Live-Erfahrungen gesammelt, da lernt man automatisch, das einfließen zu lassen. Und Fazo hat ja auch als Produzent viel dazugelernt, das merkt man schon. Deshalb ist das Album so auch möglich gewesen, da wir wissen, wo die Stärken sind, und dann auch mal Dinge sein lassen oder an andere abgeben. Es gibt Entscheidungen, die müssen wir nicht alle treffen, sondern Fazo als Produzent. Da gab schon viele Diskussionen, letztendlich hat es die Band stärker vereint. Es ist unsere Platte, da hat uns niemand von außen was übergestülpt, sondern wir haben die Entscheidungen gemeinsam getroffen.
Geht es vorrangig ums Live-Spielen?
Sonja: Für mich schon.
Fazo: Live ist das Wichtigste, auch wenn wir Spaß im Studio haben. Aber da geht es oft streng und verkopft zu und live merkt man, warum man damit überhaupt angefangen hat. Wir sind nicht mehr die jüngste Band und es ist für uns wichtig im Blick zu haben, warum wir das machen und warum wir Arbeit investieren. Und der Payoff ist eben das, was wir live machen – und mit pay meine ich dezidiert nicht pay.
Sonja: Emotionaler Payoff, haha. Wir haben viele gute Erfahrungen gemacht, in den letzten Jahren und auch in Deutschland Konzerte ausverkauft. Das sind die Momente, für die man das macht, denn das gibt mir die Energie zurück, die man ja doch investiert.
Euer Sound ist schon aus der Zeit gefallen. Seid ihr mit dieser Musik aufgewachsen oder ist es einfach das, was euch gefällt?
Sonja: Beides. Einerseits bin ich damit aufgewachsen, aber man merkt schon, wenn man sich jetzt zum Beispiel Bands wie MANNEQUIN PUSSY anhört, dass es langsam wieder in die Richtung geht. Keine Ahnung, ob das ein Trend ist, uns spricht es eben an. Und es gibt ja schon einen Sound, wie eine Band wie wir eben einfach klingt. Am Ende sind es halt zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug. Einerseits sind wir mit dem Sound aus der Zeit gefallen, aber gleichzeitig sind wir auch wieder zeitgemäß, weil der Neunziger-Sound-Trend einfach da ist.
Woher kommt der positive Unterton, ist das Sonjas Naturell?
Fazo: Es kommt wohl auch viel daher, wie die Musik entsteht, wir lachen auch viel miteinander. Wir sind zwar alle sehr politische Menschen, aber wir finden in vielem noch den Humor, und wenn die Songs entstehen im Proberaum, dann greifen wir diese Energie auf. Aber lustig, dass du das sagst, gestern habe ich mir die Platte nach langer Zeit mal wieder angehört. Man zögert das ja immer heraus, aber jetzt muss ich mich damit befassen. Und ich finde, man hört sie einfach gerne an. Gerade jetzt, wenn immer mehr Melancholie herrscht. Die Welt geht unter und da ist es ganz angenehm, Musik zu hören, die diese Probleme zwar nicht negiert, aber eben auch nicht propagiert.
Sonja: Die Texte sind nicht per se superhappy, sie sind schon politisch, aber nicht mit Flaggen und Fahnen, sondern eher aus dem Leben gegriffen. So scheiße die Situation weltweit auch ist, wenn ich ständig nur am Negativen festhalte, dann werde ich wahrscheinlich nicht lange leben. Man muss irgendwo auch darüber lachen können. Wenn ich andere damit anstecken kann, dann finde ich das gut.
Stimmt, im Opener „Fucking Fake“ sind deine Worte deutlich, du sprichst sie aber nett aus.
Sonja: Ja. Ich finde, dass wir alle etwas fake sind. Jeder muss immer in unterschiedliche Rollen schlüpfen und da hat man schon seine jeweiligen Masken, die man sich aufsetzt. Manche mehr als andere, da muss man schon darüber lachen können.
Fazo: Hier ist auch das überspitzte Verwenden von „fucking“ ein bewusster Witz. Das gefällt mir an Sonjas Texten sehr gut, dass sie nicht predigt, sondern immer zu einem großen Teil auch persönlich wird.
Sonja: Es ist schon meine persönliche Sichtweise, aber ich versuche mich auch in die Rolle von anderen zu versetzen und mich so zu äußern, wie ich denke, dass sie es tun würden. Es ist aber immer nur ein Ausschnitt aus der Gesellschaft und ich versuche den Bezug zum großen Ganzen zu sehen.
Ihr lebt schon sehr im Moment, oder gibt es einen Zehn-Jahres-Plan?
Fazo: Wir haben viel darüber gesprochen dieses Mal. Es ist einfach so, dass wir da viel Arbeit hineinstecken, die vielleicht am Ende unbemerkt bleibt und nur für uns selbst oder einen ganz kleinen Teil der Fanbase wichtig ist. Wir haben klare Vorstellungen, wie die Touren und das Album laufen sollen. Für mich bringt das eine angenehme Leichtigkeit in die Band, weil es nicht gezwungen ist. Wenn es gut läuft, ist es super. Wenn nicht, dann machen wir was anderes. Das verstärkt die Fähigkeit, sich da einzubringen. Ich arbeite zwar in dem Bereich, aber die anderen haben normale Jobs, und eine Band so zu führen, das verlangt einem schon viel ab. Vielleicht wirkt es deshalb so, als ob wir im Moment leben.
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