Aus dem Schrank geholt: INCREDIBLY STRANGE MUSIC Vol. I & Vol. II

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V. Vale, Andrea Juno (RE/Search, 1993/1994, 205/219 S., noch antiquarisch erhältlich)

In Prä-Internet-Zeiten waren Menschen mit Interesse an Themen weitab des Mainstreams auf Bücher und Zeitschriften angewiesen, was wiederum bei Veröffentlichungen aus dem Ausland eine langsame und teure Kommunikation erforderte. Der 1980 vom japanischstämmigen Musiker (einst bei BLUE CHEER), Search & Destroy-Fanzinemacher und Literaturwissenschaftler V. Vale in Berkeley gegründete RE/Search-Verlag war über viele Jahre eine spannende Quelle für Bücher zu Subkulturphänomenen – Generationen von Tätowierern und Piercern wurden von „Modern Primitives“ beeinflusst, Menschen auf der Suche nach abseitigeren Filmen von „Incredibly Strange Films“. Und dann waren da eben die beiden Bände von „Incredibly Strange Music“, die sich Sammlern, Veröffentlichern und generell Kennern eigenwilliger „Freak“-Musik widmeten. Die Macher von Norton Records wurden hier interviewt, Sammler*innen seltsamer Exotica-Singles aus den Sechzigern, Lux Interior und Poison Ivy von den CRAMPS als Dokumentaristen eigenwilliger Rock’n’Roll-Musik, oder Jello Biafra, der bis heute gelegentlich als DJ mit „Incredibly Strange Music“-Sets auftritt, wie auch der Synthesizer-Pionier Robert Moog. Zusammen mit Co-Herausgeberin Andrea Juno hat V. Vale Interviews mit den jeweiligen Fachleuten geführt, diese beschreiben ihr Sammelinteresse und erklären im Detail ihre Leidenschaft – Biafra etwa versucht unter anderem das Phänomen Heino zu erläutern, was erklärt, warum auf der ersten Innenseite von Vol. II dessen Single „Liebe Mutter ...“ abgebildet ist. In heutiger Zeit kann man sich im Netz durch zig Listen und Playlists zu jeglicher Musik klicken, die Tiefe und Faszination des Themas, die diese beiden Bücher vermitteln, lässt sich damit nicht erreichen. Gerade auch weil einige der Interviewten mittlerweile verstorben sind, sind diese Bücher für jeden an Subkulturphänomenen Interessierten unverzichtbar.