ATLAS LOSING GRIP

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Heavy Metal Punks

Ein neuer Kurs wurde bei ATLAS LOSING GRIP eingeschlagen: Auf „Currents“ zeigen sich die Melodic-Punker stark beeinflusst von ihren frühen Heavy- und Thrash-Metal-Idolen. Doch kaum war das Veröffentlichungsdatum des neuen Albums bekannt, verkündeten die Schweden, dass Sänger Rodrigo Alfaro die Band noch vorher verlassen würde. Mittlerweile weiß man: Alfaro arbeitet gerade an einem Comeback seiner früheren Erfolgsband SATANIC SURFERS. ATLAS LOSING GRIP jedoch sorgten schnell für Ersatz und zeigen sich selbstbewusster und ehrgeiziger denn je. Bassist Stefan Bratt sprach mit uns über den neuerdings Metal-lastigen Sound, den neuen Sänger Niklas Olsson und Zukunftspläne.

Seit „State Of Unrest“ sind über drei Jahre vergangen. Wann habt ihr mit den Arbeiten an „Currents“ begonnen?


Wir haben im gleichen Jahr mit „Currents“ angefangen, in dem „State Of Unrest“ erschien. Wir hatten damals noch keinen konkreten Plan, aber haben begonnen, an einzelnen Songs zu arbeiten. Damals wussten wir ja noch nicht, wie die Leute auf „State Of Unrest“ reagieren würden, deswegen fehlte uns noch ein bisschen der Mut, uns weiter in die Richtung zu bewegen, in die wir gehen wollten. Noch dazu war das neue Album etwas schwieriger zu komponieren. Unser Drummer Julian und ich haben gefühlt ein Jahr lang jeden Tag im Proberaum verbracht und ich habe zu Hause täglich stundenlang Songs geschrieben und versucht, alles sinnvoll zusammenzufügen. Dann ging noch recht viel Zeit dafür drauf, ein passendes Label zu finden. Ein weiteres Jahr bestand dann lediglich aus den Aufnahmesessions, bei denen wir auch manchmal an unsere Grenzen gestoßen sind. Schließlich ist es ja so: Man will die Erwartungen aller erfüllen, gleichzeitig will man sich auch nicht von diesen beeinflussen lassen. Insofern war es eine schwierige Aufgabe, dieses Album umzusetzen.

Ursprünglich habt ihr die Band gegründet, weil es eurer Meinung nach kaum noch gute Melodic-Punk-Bands in Schweden gab. Warum wollt ihr euch also jetzt von diesem Sound wegbewegen?

Das war eine ganz natürliche Entwicklung, zumindest für mich. Ich bin seit den frühen Neunzigern Fan der Melodic-Punk-Szene, seit meiner Jugend. Als wir die Band gegründet haben, hat es sich für uns einfach natürlich angefühlt, diese Musik zu spielen. Seit wir als Band aber weiter zusammengewachsen sind, sind viele verschiedene Einflüsse und Interessen dazugekommen und aufeinander getroffen. Wir haben uns als Band weiterentwickelt. Meiner Meinung nach war das gut so. Wir spielen nicht, um den Sound, für den man uns kennt, um jeden Preis am Leben zu erhalten, sondern haben etwas Neues geschaffen. Dennoch war es ein nachvollziehbarer Schritt: Wir haben die Teile von „State Of Unrest“ genommen, die nach Heavy Metal klangen, zum Beispiel von den Songs „Contemplation“ und „Numb“, die aber auch softere Parts enthielten, die wir mochten. Unser Ziel war also eine Mischung unseres „depressiven“ Sounds mit Heavy-Metal-Elementen.

Wie würdet ihr eure Musik jetzt bezeichnen?

Darüber habe ich neulich erst mit unserem Gitarristen Gustav diskutiert, weil wir nicht wussten, wie wir das jetzt eigentlich nennen sollen. Gelandet sind wir letztendlich bei so was wie „Crossover Punkrock“. Es lässt sich schwer beschreiben. Es ist eine Mischung aus melodischem Punkrock, wie man ihn beispielsweise von BAD RELIGION kennt und den späten PROPAGHANDI, zusammen mit dem Sound unserer Idole, wie den frühen METALLICA, anderen Thrash-Metal-Bands und IRON MAIDEN.

Vor kurzem gab es eine ziemlich große Veränderung in eurem Line-up: Euer Sänger Rodrigo hat die Band verlassen. Warum ist das passiert, kurz bevor das Album veröffentlicht wurde?

Um es kurz zu machen: Wie wir auch in unserem Statement dazu geschrieben haben, hatten wir unterschiedliche Ansichten über die Zukunft, was Tourpläne angeht, und was man tun muss, um diese Band am Leben zu halten. Wir wollen uns nicht selber einschränken, sondern die Band schnell und beständig voranbringen. Das bedeutet viel Touren und auch viele Risiken. Wir konnten uns diesbezüglich nicht auf einem Level einigen, also war das die einzige Lösung.

Und ihr habt bereits Ersatz gefunden: Niklas Olsson.

Julian kennt Niklas schon etwas länger, ich habe ihn diesen Sommer kennengelernt. Ich bin von Lund nach Malmö gezogen und er lebt auch hier. Die Punk- und Hardcore-Szene in Schweden ist nicht besonders groß und natürlich hängt man mit den Menschen rum, die so sind wie man selbst. So haben wir uns dann einfach getroffen und sind öfter mal zusammen einen Kaffee trinken gegangen. Ich wusste nicht, dass er so ein großartiger Sänger ist, bis wir angefangen haben, über Musik zu sprechen. Er hat mir ein paar Sachen vorgespielt, die er vor Jahren gemacht hat, und ich mochte seine Stimme sofort. Als schließlich feststand, dass Rodrigo gehen würde, war er die erste Wahl für mich, einfach weil wir gute Freunde geworden sind.

Warum habt ihr euch überhaupt für ein neues Mitglied entschieden? Du hättest ja auch wieder singen können, wie du es auf dem ersten Album getan hast.

Wir sind erst mal in Panik geraten, weil wir natürlich nicht wussten, wie es weitergehen soll. Ich habe zwar auf dem ersten Album gesungen, aber die Sachen, die wir heute spielen, erfordern viel mehr, als ich jemals könnte, haha. Ich kann bei den neuen Songs nicht Bass spielen und gleichzeitig singen, eigentlich kann ich gar nicht singen. Also war das nicht wirklich eine Option.

War es eine schwierige Entscheidung für euch, das Album mit Rodrigos Gesang zu veröffentlichen, obwohl er schon gar nicht mehr in der Band ist?

Wir haben so viel Zeit und Energie in dieses Album gesteckt – da wollten wir es natürlich so veröffentlichen, wie wir es geplant und aufgenommen haben. Wir hatten diesbezüglich nie Zweifel. Wir haben zwei Songs des Albums, „Sinking ship“ und „Cynosure“, mit Niklas’ Gesang aufgenommen, um den Leuten zu zeigen, wie er klingt und was er kann. Wenn man bedenkt, dass er da gerade mal zwei Wochen in der Band war, sind die wirklich gut geworden.

Dieses Album wird euch vermutlich für die nächsten zwei bis drei Jahre repräsentieren, bis ein neues kommt. Habt ihr vor, zwischendurch noch eine EP mit Niklas aufzunehmen, damit die Leute sich an ihn gewöhnen können?

Bis jetzt haben wir noch nichts Genaues geplant, weil wir uns im Moment völlig auf die Veröffentlichung von „Currents“ und auf die kommenden Touren mit Niklas konzentrieren. Ich schreibe trotzdem nebenbei ein bisschen Musik, die ich gelegentlich mit den anderen Jungs probe. Natürlich wollen wir so schnell wie möglich etwas Neues rausbringen. Und da wir alle beschlossen haben, uns so intensiv wie möglich der Band zu widmen, wird es nicht wieder drei Jahre bis zur nächsten Platte dauern. Wir wollen auch nicht einfach irgendwas veröffentlichen, das eigentlich nicht gut genug ist, nur um eben etwas zu veröffentlichen. „Currents“ ist über eine Stunde lang und wird meiner Meinung nach so schnell nicht langweilig, so dass sich die Leute hoffentlich eine Weile damit beschäftigen können, bis es etwas Neues gibt.

Auf „State Of Unrest“ fanden sich viele sozialkritische Texte, wohingegen „Currents“ sehr persönlich und emotional ausgefallen ist. Wie wichtig ist es für euch, eine politische Message zu haben?

Das ist natürlich sehr wichtig für uns. Wir haben unsere Meinungen und Einstellungen nicht geändert, nur weil wir auf dem neuen Album nicht mehr darüber singen. Rodrigos Texte sind persönlicher, aber die Leute können sich immer noch damit identifizieren. Es geht um Gefühle, die wir alle kennen. Es hat sich richtig angefühlt, diese Texte zu nehmen. Im Leben geht es nicht nur um Politik.

2015 feiert ihr euer zehnjähriges Jubiläum. In dieser Zeit ist ziemlich viel bei euch passiert. Wie siehst du die Zukunft der Band?

Ich sehe eine strahlende Zukunft, in der wir uns alle darin einig sind, welche Ziele wir haben und in welche Richtung es gehen soll. Der bisher größte Schritt war, dieses Album zu schreiben. Ich denke, es wird recht gut ankommen. Das ist der Sound von ATLAS LOSING GRIP, in den wir alle unsere Ideen und Einflüsse aufgenommen haben. Und damit wollen wir in der Zukunft einiges erreichen. Das ist gerade erst der Anfang.