Für manche sind sie einer der begnadetsten Revue-Acts der gesamten Punk-Welt – ein 4/4-taktiger Brat-Akkord-Zitatenschatz, ein heiser-fröhliches und hyperstimulierendes Destillat der besten visuellen Momente von GWAR über SAMHAIN bis zu den PLASMATICS. Andere sehen in ihnen ein Konglomerat faszinierender Charaktere, wie dem Hirn von Grant Morrison entsprungen; Comic-Autor de Luxe – nach dem exzessiven Genuss von Kryptonit-Zigaretten und Living-Laser-Likör.
Die Wahrheit liegt wie immer dazwischen, oder ist sie doch eher irgendwo dort draußen? Entscheiden Sie selbst anhand folgender knallharter Fakten, recherchiert am Rande des Kulturschock Festivals in Berlin. So wie das heroische Kollektiv aus Peine/Niedersachsen („gegründet während einer rauschenden Sommerorgie vor fünf Jahren im Angesicht des unsagbar Schlechten...“) mit einer Faust das Böse aus der Galaxis drischt, so sollen sie hier nun mit einer Stimme sprechen.
Im Gegensatz zu angepassten Superlosern wie der Justice League würden wir niemals für irgendeine Regierung oder Organisation der Welt arbeiten. Wir sind Punks, und unser Traum und unsere Mission ist es, junge Menschen mit unseren Taten und Liedern zu inspirieren. Dass sie sich selbst entdecken, sich in Capes und Kostüme hüllen, Gitarre und Schlagzeug ertönen lassen und sagen: Wir sind auch Punks. Wir sind die asoziale Superjugend. Zwar sind unsere Superkräfte nicht wirklich toll – Tunnelblick, Ultra-Kurzzeit-Gedächtnis, Faulheit oder Hahnentritt sind nur einige Beispiele – doch gerade das macht uns für die Menschen da draußen so zugänglich: Heroes with Handicaps. Und der offensichtliche Spaß, den wir an unserer Sache haben.
Und Comics?
Wir waren Comic-Fans, sogar noch bevor wir Punks wurden und haben als logischen Schritt unser eigenes Universum geschaffen. Und im Gegensatz zu den Welten von Marvel Comics oder DC ist die unsere Wirklichkeit. Unsere Songs berichten von unserem Super-Leben, von unseren Erfahrungen und Erlebnissen und führen somit das sogenannte reale Leben ad absurdum. Außerdem verbreiten wir in unserer Musik unterschwellige psychische Botschaften, um die Jugend zu indoktrinieren.
Diese zu entschlüsseln bedarf es des Erwerbs und fortwährenden Genusses des Debüt-Albums „Fertig“, einer Kollektion sympathisch straighter und furios intonierter Mitgröl-Hymnen, verpackt im geschmackvollen Klapp-Cover, inklusive Comic und erhältlich – keine Frage – lediglich auf Vinyl über die opulente Website der illustren Ikonen. 100% DIY. Klingt super? Ist super!
Neues Material haben wir natürlich auch schon fertig. Kompositionen von einer Großartigkeit, die kaum in Worte zu fassen ist. Mitreißend, aufwühlend und strukturiert in der bewährten Form Strophe, Refrain, unnützer Part. Musik, für die wir allerdings noch ein Label suchen.
Ist es eigentlich vorteilhaft – im Gegensatz zu urbanen, aber unmusikalischen Kollegen wie Batman und Superman – anstatt aus Gotham City und Metropolis von einem eher, ähem, idyllischen Ort wie Peine aus zu agieren, oder gibt es tatsächlich so etwas wie den Fluch der Provinz?
Na ja, in einer Großstadt kannst du dir die Musiker eher aussuchen, weil es da mehr von der Sorte gibt. In Peine musst du eben nehmen, was du kriegst. Das ist in unserem Fall allerdings eher Segen als Fluch, sind wir doch alle seit Kindesbeinen Freunde, was den Spaßfaktor an der Sache ungemein erhöht. Und außerdem ist die Band unsere Chance, immer wieder mal aus Peine raus zu kommen. Eine Freiheit, die das Superhelden-Dasein uns gewährt, die Macht von Masken und Musik, denn ohne unsere Kostüme sind wir ehrlich gesagt eher schüchtern. Wir sind mit dieser Schizophrenie ja nicht alleine, viele Helden machen diese Erfahrung. Sieh dir Spider-Man an, Alice Cooper oder KISS – alles nette Jungs von nebenan, doch unter Cape und Maske, wenn du die Energien durch deine Adern pulsieren spürst, ändert sich plötzlich alles. Das ist es, was Punkrock leisten kann, denn ohne die Band wären wir wahrscheinlich Alkoholiker geworden. Und Amokläufer noch dazu.
In der Karnevalszeit wird man die Helden allerdings vergeblich suchen: „In diese Falle wollen wir uns ganz sicher nicht stürzen. Unsere Saison beginnt am Aschermittwoch.“
Wäre aber auch eine Schande, diese Perlen vor die schunkelnden Säue zu werfen. Dazu ist die Mission, die Welt mit Punkrock und Superkräften in einen besseren Ort zu verwandeln, dann doch zu hehr. Haltet Ausschau nach dieser Band, checkt die Website, rennt auf ihre Konzerte, wann immer sie in eurer Nähe spielen und kauft ihre Demos und Platten. Blickt in den Himmel und seid vorbereitet. Spürt ihr das auch? Die Luft fühlt sich irgendwie seltsam an, in letzter Zeit. Großes wird geschehen. Die Welt wird neu...
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #48 September/Oktober/November 2002 und Ulf Imwiehe