So lange mussten wir auf ein neues ARMOR FOR SLEEP Album warten. Warum es so lange gedauert hat, erklärt uns Sänger und Gitarrist Ben Jorgensen.
The Rain Museum“ ist das erste Album von ARMOR FOR SLEEP seit 15 Jahren. Man kann wohl mit Sicherheit sagen, dass viele Leute überrascht waren, neue Musik von euch zu hören. Als ihr euch aufgelöst habt, habt ihr da gedacht, dass ihr wieder Musik veröffentlichen würdet? Und wie war die Situation damals, als ihr euch getrennt habt?
Nein, als wir uns auflösten, dachte ich nie, dass es ein weiteres ARMOR FOR SLEEP-Album geben würde. Zu der Zeit war ich von vielen verschiedenen Aspekten des Bandlebens ausgebrannt. Es war das ständige Touren, die „Albumzyklen“, die Verharmlosung der Musikszene, die uns allen ursprünglich so viel bedeutet hatte... wir wollten das alles einfach nicht mehr machen. Ich denke, wie bei allem anderen auch hat die Zeit einen Weg gefunden, die rauhen Stellen irgendwann zu glätten. Im Laufe der Jahre wurden die Stimmen der Leute, die uns für Reunion-Shows haben wollten, immer lauter, und das hat uns alle sehr gefreut. Es war eine Art Bestätigung für die Jahre unseres Lebens, die wir in die Band gesteckt haben, und diese gute Stimmung hat das Feld für dieses Album bereitet.
Du sagtest, dass das Album als Nachfolger von „What To Do When You Are Dead“ geplant war – was ist damals passiert, dass ihr beschlossen habt, diesen Weg nicht weiterzugehen?
Nach „What To Do When You Are Dead“ wollte ich die Idee, Konzeptalben zu machen, unbedingt weiterverfolgen. Für mich war es so viel aufregender, für ein Album eine eigene Welt zu erschaffen, als nur einen Haufen zusammengewürfelter Songs zu haben. Ich wollte ein Album mit dem Titel „The Rain Museum“ schreiben, das auf einer Kurzgeschichte basiert, die ich verfasst hatte, und ich wollte das Album zusammen mit einem Buch oder Comic zu dieser Geschichte veröffentlichen. Zu dieser Zeit beschlossen wir, bei einem Majorlabel zu unterschreiben. Ich habe ihnen die Idee für das Album vorgestellt, aber sie haben es ziemlich schnell abgelehnt. Sie wollten, dass wir unseren Sound vereinfachen und ein Album machen, das ein bisschen leichter verdaulich ist. Wir waren alle ziemlich jung und wollten es den großen Managern recht machen, die das Sagen hatten, also haben wir die Idee auf Eis gelegt und „Smile For Them“ gemacht. Es ist wenig bekannt. Ich betrachte das Album „Smile For Them“ gerne als subtile Abfuhr für das Label, da ich das Gefühl hatte, dass wir einfach nur ihre Marionetten waren und das herausbrachten, was sie von uns wollten.
Obwohl das neue Album ein Science-Fiction-Konzept enthält, gibt es auch viele persönliche Aspekte in der Musik, die von vergangenen Beziehungen und Erfahrungen handeln, die auf realen Ereignissen und Menschen basieren. Wie kamen diese fiktiven und realen Ereignisse hier zusammen?
Es war das Leben, das sich seinen Weg bahnte. Als Corona auftauchte, habe ich mich hingesetzt, um „The Rain Museum“ wieder aufleben zu lassen, das Album, das ich schon immer veröffentlichen wollte. Ich dachte, es wäre cool, den Sound und die Stimmung von ARMOR FOR SLEEP und diese alte Idee wieder zu beleben, es wäre ein Akt der Nostalgie, aber auch ein Akt, etwas aus der Vergangenheit wieder neu zu machen. Das sollte mein kleines Pandemie-Projekt werden. Unglücklicherweise ging für mich persönlich genau zu diesem Zeitpunkt nach fast acht Jahren meine Ehe in die Brüche, und damit auch mein ganzes Leben. Aufgrund des Lockdowns, unter dem wir alle zu dieser Zeit standen, konnte ich weder Freunde noch Familie besuchen oder auf irgendeine normale Weise um meine Beziehung trauern. Meine Art, damit umzugehen, bestand darin, mich auf das Schreiben von „The Rain Museum“ zu konzentrieren. Ich wollte eigentlich nicht, dass das Album so persönlich wird, aber aufgrund dessen, was ich durchmachte, ertappte ich mich dabei, dass ich das, was mich gerade beschäftigte, über das Fundament des Albums schrieb. Irgendwann habe ich darüber nachgedacht, aufzuhören und zwei getrennte Alben zu machen, aber dann kam mir etwas in den Sinn... was ich gerade erlebte... all diese Gefühle, die mit dem Ende meiner Beziehung zusammenhingen und damit, wohin ich als Mensch in Zukunft gehen würde... das waren die gleichen Emotionen, die ich einzufangen hoffte, als ich anfing, das Album zu schreiben. Also habe ich weitergemacht. Das Album hat sich zu etwas anderem gewandelt. Während sich der Name „The Rain Museum“ anfangs nur auf dieses buchstäbliche Museum mitten in der Wüste in meiner ursprünglichen Geschichte bezog, gewann er eine zusätzliche Bedeutung, da der Name des Albums nun – zumindest für mich – bedeutet, dass wir gezwungen sind, die schlimmsten Momente unseres Lebens zu betrachten und uns all der Traurigkeit zu stellen, die damit einhergeht – so schmerzhaft das auch sein mag.
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