Der fast tägliche Genuß der Banane ist für uns selbstverständlich, sie ist eine Frucht unter vielen. Oft wird sie auch als Symbol des Wohlstands ausgelegt, da nur reiche Staaten so große Mengen abnehmen können, dass sich die Einfuhr lohnt (pro Kopfverbrauch BRD: ca.15 kg jährlich). In den Produktionsländern Zentralamerikas dagegen steht sie für grenzenlose Ausbeutung der Bevölkerung, Abholzung der Regenwälder und eine totale politische Kontrolle durch die Konzerne.
Mitte bis Ende des letzten Jahrhunderts ließen die zentralamerikanischen Regierungen ihre Länder durch Eisenbahnlinien erschliessen. Da diese Staaten aber besonders bei nordamerikanischen Kapitalgebern hochgradig verschuldet waren, bezahlten sie die Leute mit Grundstücken rund um die Eisenbahnlinien. Einer davon war der Chigagoer Minor Cooper Keith, der dadurch 3000km2 Land allein in Costa Rica bekam. 1899 gründete er mit zwei anderen wohlhabenden Nordamerikanern die United Fruit Company (UFCO, die unter anderem Chiquita "produziert"). Diese eignete sich im Laufe der Jahre weitere Grundstücke an. Oft erhielt die UFCO riesige Gebiete auch noch umsonst, da die Staaten kein Geld hatten um diese zu erschliessen und die UFCO ihnen dieses abnahm. 1954 besaß die UFCO schon 700.000 Hektar in Zentralamerika und sie war zwar der grösste, aber nicht der einzige Bananenkonzern.
Die erste Banane tauchte 1876 in den USA und 1892 in Deutschland in den Läden auf. Die ersten Verkäufe waren sehr stockend, aber schon zur Jahrhundertwende importierten die Bananenmultis bereits jährlich 16 Millionen Bananenbüschel in die USA. Mit der steigenden Nachfrage fing auch die Ausbeutung der lateinamerikanischen Bauern an. Die UFCO machte aus den frei wirtschaftenden Bauern ein Arbeiterproletariat, das völlig von ihren Großgrundbesitzern abhängig war. Mehrere tausend Hektar tropischer Regenwald wurden abgerodet um Platz für neue Plantagen zu schaffen. Mit Hilfe von Kapitalgebern aus den USA kaufte die United Fruit Company lästige Konkurrenten auf und schaffte sich so fast eine Monopolstellung.
Die Arbeiter und die Bananenmultis
Die früher frei wirtschaftenden und sich selbstversorgenden Bauern auf ihren Kleinparzellen trifft man heute in Costa Rica kaum noch. Sie haben unter dem Druck der Bananenkonzerne den Monokulturen der Bananenplantagen Platz gemacht. Anfangs boten die Konzerne den Bauern Lateinamerikas noch Geldsummen für ihr Land, wer später nicht weichen wollte, erhielt Morddrohungen oder seine Felder wurden einfach plattgewalzt. Wer sich trotzdem weigerte, gab spätestens dann auf, als er sich von einem Meer aus Bananenfeldern umgeben sah, wo vorher Regenwald stand. Die Bauern verloren aber nicht nur ihre Parzellen, sondern auch nach und nach ihre Rechte. Sie wurden und werden von den Konzernen hemmungslos ausgebeutet. Mit ihren Familien leben sie in Barackendörfern, in denen oft bis zu 8 Personen in einem Zimmer leben müssen. Die Hütten haben selten sanitäre Anlagen oder einen elektrischen Anschluß.
60 Stunden in der Woche und miserabelste Arbeitsbedingungen sind normal, oft werden Überstunden nicht bezahlt. Kinderarbeit ist trotz Schulpflicht nichts außergewöhnliches. Krankenversicherungen, medizinische Versorgung und der allgemeine Versicherungsschutz sind den Arbeitern meist völlig unbekannt. In der Packstation, in der 90% Luftfeuchtigkeit herrschen wird nur unter Akkord gearbeitet. Wer mit dem Rhythmus der Maschine nicht klarkommt, verliert sofort seine Arbeit. Auf den Feldern selber ist es nicht besser. In der Erntezeit trägt ein Arbeiter täglich 200 Bananenbüschel zum Transportband, ein Büschel wiegt 50 kg. Mit 35 Jahren ist für die meisten Arbeiter Schluss, ihr Körper ist nur noch ein Wrack und sie werden (im wahrsten Sinne des Wortes) von den Betrieben "ausrangiert".
Zu der schweren körperlichen Arbeit kommt noch die gesundheitliche Belastung durch die Pestizide. Da die Bananen völlig überzüchtet sind, sind sie besonders keimanfällig und werden daher mit Pestiziden besprüht. Diese Gifte bewirken unter anderem Impotenz, Allergien, Hauterkrankungen, Krebs, Brechreiz und lösen in letzter Zeit auch immer häufiger den Tod aus. 30 kg Pflanzenschutzmittel pro Quadratkilometer werden jährlich von Flugzeugen über den Feldern verteilt. In Europa und den USA sind diese hochgiftigen Mittel schon lange verboten, trotzdem werden die Stoffe immer noch in diese Ländern geliefert. Unter den Arbeitern werden die Flugzeuge auch die "Vögel des Todes" genannt, die auch oft die zwischen den Plantagen liegenden Arbeitersiedlungen mit einsprühen. Falls einer der bislang 5000 bekannten Impotent-Opfer gegen die Bananenmultis klagt, wird er mit einer lächerlichen Summe von meist unter 10.000 Dollar Entschädigung abgespeist. Hiervon müssen auch noch die Anwaltskosten bezahlt werden. In vergleichbaren Fällen bekommen die Kläger in den USA Millionen von Dollar für Ersatzansprüche.
Im Monat verdienen die Arbeiter durchschnittlich 800 DM, in diesem Betrag sind aber schon Vergütungen für Sonntagsarbeit und <ETH>berstunden enthalten. Die Lohnauszahlungen erfolgen unter Militäraufsicht. Die Angst vor einem Arbeiteraufstand ist unter den Unternehmern groß. Den Indianern, die aus ihren Wäldern durch Rodung vertrieben worden sind, geht es noch schlechter. Sie verdienen oft weniger als die Hälfte des Mindestlohnes und werden von den Unternehmern als noch niedrigere Menschen als die anderen Arbeiter angesehen. Da den Unternehmen auch weitläufig das Kommunikations- und Straßennetz, die Trinkwasserversorgung sowie Ladenketten, Krankenhäuser, Bordells und Restaurants gehören, ist klar, wo das Geld landet und der Kreis ist wieder geschlossen.
Die Arbeitersiedlungen werden strengstens von der Polizei und privaten Sicherheitsdiensten bewacht, die oft ihr eigenes Gesetz walten lassen und Hand in Hand mit den Konzernen zusammenarbeiten. Wenn es trotzdem Journalisten oder Fernsehteams gelingt hinter die Kulissen zu schauen, müssen sie mit zertrümmerten Kameras oder Knochen wieder abziehen.
Nur wenige Kleinbauern schaffen es, sich zusammenzutun und selber Exportbananen zu produzieren. Sie erhalten zwar aufgrund der Lukrativität des Geschäftes Kredit und Beratung, stellen für die Multis aber eine Konkurrenz dar und Konkurrenz ist unerwünscht. Ein Unternehmen garantiert den Bauern eine Mindestabnahmemenge, da diese logischerweise keine Lkw¥s oder gar Kühlschiffe besitzen. Das Abnahmeunternehmen stellt sich schnell als Tochtergesellschaft der Multis heraus, die nun entweder die Transportkosten drastisch erhöhen, wobei die Bauern nach spätestens einem halben Jahr pleite sind. Oder sie behaupten, dass der Markt erschöpft sei und senken ebenfalls drastisch die Abnahmemengen, was die Bauern höchstens 3 Monate durchhalten können. Die Konkursmasse wird dann von den Großkonzernen aufgekauft, die so weitere Plantagen verschlingen und die Bauern enden als Tagelöhner auf den Bananenplantagen der Multis.
Auch staatliche Entscheidungen sind für die Bananenmultis kein Hindernis. Als 1952 die Regierung in Guatemala eine Agrarreform verabschiedete, fuhr die UFCO schwerere Geschütze auf. Das neue Gesetz sah eine Umverteilung (gegen Entschädigungen) der brachliegenden Großgrundbesitze auf die Bevölkerung, die Besitzlosen vor. Die UFCO bebaute nur 8 Prozent ihrer Ländereien, konnte aber auf rechtlichen und legalen Wegen das Gesetz nicht stoppen und bat die US-Regierung um Hilfe. Die UFCO stürzte mit dem CIA zusammen den Präsidenten Arbenz und hält seitdem nicht nur in diesem Land die Fäden der Regierung in der Hand.
Da nur 10-15% der Gewinne im Land bleiben, schlossen sich 1974 Kolumbien, Costa Rica, Ecuador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama zum UPEB (Union der Bananenexportländer) zusammen. Die UPEB forderte gerechte Löhne und Bananenpreise und erhob auf jede Kiste einen 1 Dollar Exportsteuer. Die Konzerne setzten zum Gegenangriff an. In Honduras bestach die UFCO die Regierung mit 2,5 Millionen Dollar, über mehrere Länder verhängte sie eine Exportsperre und drohte die Regierungen mit Hilfe amerikanischer und britischer Söldner zu stürzen. Letztendlich sind von der Exportsteuer noch 25 Cent übriggeblieben und Dole, Chiquita, Del Monte sind wieder einmal die Sieger geblieben.
Gewerkschaften werden von der UFCO genauso erfolgreich bekämpft. Als 1984 in Costa Rica die Gewerkschaften Lohnerhöhungen forderten, wurden alle Gewerkschaftler entlassen und die Streiks mit Hilfe des Militärs blutig niedergeschlagen, wobei es mehrere Todesopfer gab. Auch heute noch sind die Gewerkschaften und die Gewerkschaftler Repressalien ausgesetzt. Wer einer Gewerkschaft beitritt, verliert seinen Job und kommt auf eine sogenannte schwarze Liste, die die Unternehmen anfertigen. Leute, die auf Listen stehen, bekommen nirgendwo mehr Arbeit und ihr Ruf wird systematisch ruiniert. Gewerkschaftler, die den Bananenmultis den Kampf angesagt haben, bekommen Morddrohungen und ihre "Häuser" fallen oft Feuern zum Opfer. Vernichtung von Gerichtsakten durch Bombenanschläge zeugen von den eigenen Gesetzen der Multis. Die Arbeiter werden nur zu Kurzzeitverträgen von 2 Monaten unter Vertrag genommen, da sie sonst einen Anspruch auf Gewerkschaftsmitgliedschaft hätten. Dagegen steht die Gewerkschaft Solidarismo, der alle Arbeiter beitreten müssen und die logischerweise mit den Multis zusammenarbeitet. Die Konzerne bestreiten zwar offiziell den Beitrittszwang, aber wer kein Mitglied ist, bekommt auch keine Arbeit. Zusammen mit den Konzernen und dem rechtsgerichteten straff antikommunistischen Teil der Kirche hat Solidarismo fast alle Gewerkschaften untergraben und so verdrängt. Heute ist Costa Rica fast völlig gewerkschaftsfrei und hat so, bis auf einzelne kleine regionale Gruppierungen, keinen Gegenpol mehr zu den Bananenmultis. Immer mehr Einschnitte in gewerkschaftliche und soziale Rechte müssen die Arbeiter hinnehmen.
Das grüne Gold und die Natur
Nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Natur ist von den Methoden der Bananenmultis betroffen. Da nach 10 bis 20 Jahren die Böden ausgelaugt und somit unbrauchbar sind, wurden in den letzten 10 Jahren 30.000 Hektar Regenwald gerodet. Meistens sind die Genehmigungen erkauft oder gefälscht. 1993 bedeckten 55.000 Hektar Bananenplantagen Costa Rica, 1985 waren es noch 18.000 Hektar. Die Rodungen ziehen eine Zerstörung des natürlichen Lebensraumes von Tausenden von Tierarten nach sich. Die Natur gerät aus dem Gleichgewicht. Man nimmt an, dass heute bereits täglich 100 Tierarten allein in Costa Rica für immer aussterben. Schuld daran ist nicht nur die Rodung, sondern auch der massive Pestizideinsatz auf den Plantagen, der die Tiere genauso schädigt wie die Menschen. Besonders ein Artensterben unter den Amphibien in den Hochgebirgen fällt auf, da diese oft an Impotenz leiden. Die Chefetagen der Multis bestreiten jeglichen Zusammenhang und weisen auf scheinheilige "Umweltschutzmaßnahmen" hin. In einigen Gebieten werden die Ufer der Flüsse wieder bepflanzt, an die vorher die Bananenplantagen reichten. Durch die Rodungen konnte der Boden die Niederschläge nicht mehr aufnehmen und es setzten starke Erosionen und somit Landverlust ein, ein gewisser Eigennutz ist den Aktionen also nicht abzusprechen. Aber auch diese Bemühungen der Konzerne können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Flüsse immer noch braun gefärbt sind und die Korallenriffe vor der Küste allmählich versanden. Auch der für die Arbeiter schon alltägliche Anblick von toten Fischen oder Plastikmüll der im Fluß treibt, sind ein Indiz der Naturzerstörung. Der Plastikmüll, der an der Küste angelangt Vögel tötet, kommt ebenfalls von den Plantagen. Durch die riesigen Monokulturen sind die Stauden besonders anfällig für Krankheiten und müssen so mit Plastiktüten, die mit Pestiziden behandelt worden sind, geschützt werden. So fallen jährlich 3500 Tonnen Plastikmüll an und auf 1kg Bananen kommen 2,5kg Müll. Die Beseitigung besteht meist im Vergraben, "Entsorgung in Flüssen" oder Verbrennen. Verbrannt werden auch die 935.000 Tonnen Bananen jährlich, die um den Preis zu halten, vom Markt genommen werden. Oft entsprechen die Bananen auch einfach nicht den Vorstellungen der Verbraucher, schließlich müssen es schon die knallgelben, hochgezüchteten 1,56 Inch Bananen sein. Vielleicht sind sie auch einfach zu grade oder zu krumm. Denn wer möchte schon kleine verkümmerte Bananen essen?
Alles Banane?
In einem Land in dem die Medien staatlich zensiert werden, ist es schwer an Informationen zu gelangen. Meist kommen die Bauern nie über ihre Plantagen hinaus und können nur ahnen, das sie nicht die einzigen sind, denen es so ergeht.
In einem Land in denen die Regierungen korrupt sind und mit den US-Konzernen zusammenarbeiten, ist es schwer im Parlament oder durch Gesetze etwas zu ändern.
Längerfristige und gravierende Veränderungen sind nur durch eine Erhebung der Massen möglich, die auf 3,2% des Bodens Costa Ricas arbeiten, während ausländische Konzerne ihre Mitbürgern auf ihren Riesenplantagen versklaven. Eine endgültige Befreiung wird nur durch Guerilliabewegungen machbar sein, wie es z.B. in Mexico die Zapatisten betreiben ( Das Land gehört denen, die es bebauen). Eine Abkehr vom kapitalistischen Wirtschaftssystem sowie einen "Rauswurf" aller ausländischen Betriebe könnten erste Schritte der neuen Regierung sein. Eine bewaffnete Untergrundbewegung wird bei ausländischen Regierungen ( zumindest in Europa und Nordamerika) aber nie auf Zustimmung oder gar Unterstützung treffen, darum ist es wichtig das wenigstens Teile der Bevölkerung mit den Guerillias symphatisieren. Bekanntmachen der Zustände in den betroffenen Ländern ist ein erster Schritt, auch wenn es nur im direkten Umfeld geschieht. Desweiteren kann man Bananen einfach boykottieren und auf heimische Früchte umsteigen. Die Palette des Widerstandes ist genauso groß wie in anderen Bereichen auch. Letztendlich wird nur eine indigene, notfalls auch bewaffnete Befreiung Süd- und Mittelamerikas die Situation grundlegend verändern.
Alle Daten im Text sind aus dem Buch "Bananen - das krumme Ding aus dem Regenwald" von Thorsten Klapp und Martin Wendler, welches im Echo Verlag erschienen ist. JedeR, der/die sich näher mit dem Thema beschäftigen will, sollte sich das genannte Buch zulegen, da die Autoren die Themen natürlich viel ausführlicher behandeln. Falls andere Zeitschriften oder Medien (Internet) an der Veröffentlichung des Artikels interessiert sind, können sie über das Ox meine Adresse erhalten.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #30 I 1998 und Simon Brüggemann