Welchen Druck mindestens vier elektrisch verstärkte Gitarren, darunter eine Baritongitarre, ein Bass und zwei bis vier Schlagzeuger produzieren, kann man vielleicht noch gerade so erahnen. Als ich die Band aus Bletchley und Milton Keynes, England vor zwei Jahren zum ersten Mal im AZ in Mülheim sah, hat es mir jedenfalls fast die Ohren weggeblasen und ich pflege seitdem ein kleines, aber nicht zu ignorierendes Pfeifgeräusch im linken Gehörgang. ACTION BEAT wissen aber nicht nur durch ihre immense Lautstärke, sondern auch durch ihre charmante Mischung aus Glenn Branca, Rhys Chatham und SONIC YOUTH zu überzeugen und wer diese besondere Big Band mal live gesehen hat, wird mehr als verblüfft sein, was für ein Spektakel diese Jungs auf und vor der Bühne veranstalten. Ich traf James Carney, Mitbegründer der Band, auf dem letzten Konzert ihrer Deutschlandtour im Projekt 42 zu Mönchengladbach.
Ist es eine logische Konsequenz, eine Band mit so vielen Gitarristen zu gründen, wenn man aus der Stadt kommt, in der die Marshall-Verstärker gebaut werden?
Haha, wir wünschten, sie würden uns sponsern. Wir haben es eigentlich nicht so geplant, es passierte einfach. Wir stammen alle aus Bletchley, einige von uns wohnen mittlerweile in Milton Keynes, das ist eine Stadt, die gerade so alt ist, wie einige Mitglieder von uns. Da gibt es nicht viel zu erleben, da musst du Konzerte schon selbst organisieren, wenn du überhaupt mal eine Band dort live sehen möchtest. Don und ich gründeten die Band, dann kam ein Bassist dazu, und als der einmal nicht spielen konnte, kam ein zweiter dazu und so weiter. Das mit den Schlagzeugen passierte auch eher zufällig. Als wir einmal ein Konzert mit vier Schlagzeugern spielten, gefiel uns das so gut, dass wir uns entschlossen immer mindestens zwei Schlagzeuge dabei zu haben. Es ist definitiv ein großer Teil von uns, unsere „Wall of Sound“.
Neben der Split-CD mit MERZBOW und PORN seid ihr Truth Cults zweite Veröffentlichung, das ist ja ein netter Start für eine Band auf dem neuen Southern-Label. Wie kam der Deal mit Southern zustande?
Es begann alles, nachdem Southern uns über MySpace kontaktierte. Sie sagten, die Songs auf unserer Seite wären wirklich gut. Wir schickten ihnen dann eine CD. Das Ganze war wirklich unglaublich für uns, wir lieben die Bands, die auf Southern Records sind und jetzt fragen sie uns! Sie kamen dann zu einer unserer Shows in London und sagten, dass sie gerne unsere nächste Platte veröffentlichen würden. Wir haben uns unglaublich gefreut, als sie uns in ihr Studio nach London einluden. Im Januar ist „The Noise Band From Bletchley“ dann endlich erschienen, wir hatten die CD allerdings schon bei unserer Tour im November dabei.
Ihr betreibt auch euer eigenes Label, Fortissimo Records. Gibt es einen Unterschied, wenn man Platten auf seinen eigenem oder auf einem größeren Label veröffentlicht?
Wenn wir ein ACTION BEAT-Album auf Fortissimo Records veröffentlichten, konnten wir das tun, wann immer wir wollten. Das Geld für die Zeit im Studio zusammenzubekommen, war schon manchmal schwierig. Da wir aber die Alben nur auf CD-Rs gebrannt haben, war das wenigstens finanziell überschaubar. Wir konnten viele Kopien machen und einfach so verschenken, wie wir wollten. Das geht natürlich nicht mit den CDs von Southern. Natürlich gibt es mehr Feedback durch die Presse, seit wir mit Southern zusammenarbeiten. Sie haben andere Möglichkeiten und Kontakte als wir mit unserem kleinen Label. Wenn wir Alben von Bands wie NEPTUNE oder RIOTMEN veröffentlichen, sorgen wir auch für das Artwork der CDs und kümmern uns um den ganzen Promo-Kram, wie Southern das für uns macht.
Ihr habt gerade eure Deutschlandtour hinter euch. Ich habe gehört, die Tour war ganz schön turbulent.
Das kannst du laut sagen! Kurz hinter Berlin fuhr der Bus plötzlich nur noch 30 Stundenkilometer und da blieb uns nichts anderes übrig, als ihn zu einer Werkstatt zu bringen. Dadurch verpassten wir die Show in Freiburg, was wir wirklich bedauern, aber da ging nichts mehr. Wir mussten in einem Hotel übernachten und am anderen Tag sagte man uns, der Van sei erst in zwei bis drei Tagen fertig. Wir setzten die Tour in zwei geliehenen Autos und nur mit einem Teil des Equipments fort. Nach dem Konzert in Brüssel fuhr ein Teil von uns mit den Autos zurück, um den Van abzuholen. Doch nach sechs Stunden Fahrt ging er wieder kaputt! Du kannst dir sicher vorstellen, wie angepisst wir waren. Don, Burton und ich fuhren dann mit unseren Gitarren und einer Snaredrum mit dem Zug nach Amsterdam, wo uns dann ein Kollege aus England abholen sollte. Glücklicherweise trafen wir zufällig Harry im Zug, denn wir dachten, wir hätten ihn in Brüssel verloren. In Amsterdam bastelten wir dann zwei Schlagzeuge zusammen und spielten eines der längsten Konzerte, das wir je gespielt haben. Es war unglaublich, die komplette Tour war unglaublich! Vor allem die Konzerte zusammen mit KILLER waren unfassbar, Martin ist ein fantastischer Musiker und es war eine besondere Erfahrung, ihn in Aktion zu sehen. In Karlsruhe hatten wir dann auch die Gelegenheit, ihn mit seiner Band EA80 zu supporten.
Es ist wahrscheinlich nicht einfach, so viele Leute unter einen Hut zu bekommen. Gibt es immer dasselbe Line-up?
Don Mclean und ich sind immer dabei, sowie Pete Taylor, Lewis Webb, und Jake Burton. Ansonsten spielt mit, wer gerade Zeit hat. Wir mögen es, das Line-up zu ändern, das bringt immer neue Aspekte in unseren Sound. Wir versuchen, uns ständig zu verändern und weiterzuentwickeln. Wir haben auch schon mal eine Violine, Saxofone oder Trompeten mit dabei. Das macht für uns die Sache erst richtig interessant.
90 Shows 2008, für 2009 habt ihr euch 180 Konzerte vorgenommen, wenn ihr so weitermacht, dann könnt ihr eure Wohnungen ja bald aufgeben.
Ja, und nur noch im Tourbus leben! Wir sind am glücklichsten, wenn wir auf Tour sind, einige würden sogar sofort ihre Wohnungen kündigen. Wir waren 2008 in England, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Österreich und Deutschland unterwegs und werden auf jeden Fall versuchen, 2009 noch mehr Konzerte zu spielen. Im April kommen wir wieder für zwei Wochen nach Deutschland, zwischendurch sind wir auch noch in Skandinavien unterwegs und im September ist Amerika an der Reihe. Wir sind unglaublich gespannt darauf!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #82 Februar/März 2009 und Jenny Kracht
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #94 Februar/März 2011 und Jenny Kracht
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