AC/DC

Einige Bands tauchen immer wieder als Einflüsse von Punk- und teilweise auch Hardcorebands auf, die mit Punk/HC auf den ersten Blick eigentlich gar nichts zu tun haben. Dazu gehören sicherlich auch AC/DC, deren Einfluss man auf bestimmte Bereiche des Punkrocks auch ohne dessen explizite Benennung deutlich heraushört. Grund genug ein bisschen was zur Geschichte der Australier zu schreiben.

Die Geschichte AC/DCs dreht sich fast ausschließlich um die Familie Young, die irgendwann Anfang der 60er Jahre von Glasgow nach Sydney zog. Kaum in Australien angekommen, gründete George Young unter anderem mit Harry Vanda die EASYBEATS, die versuchten so zu klingen wie die BEATLES. THE EASYBEATS wurden dann auch Australiens bekannteste Popgruppe, interessant wird die Sache aber nur, weil Young und Vanda die Produzenten der ersten AC/DC-Alben wurden, und somit einen nicht unbedeutenden Einfluß auf den typischen AC/DC-Sound hatten. Ihren ersten Plattenvertrag besorgte ihnen übrigens Ted Albert, der auch in der Geschichte AC/DCs eine nicht unerhebliche Rolle spielen sollte. Die kleinen Brüder von George, Angus und Malcom Young, waren dann auch so von dessen Erfolg beeindruckt, besonders von dessen Erfolg bei den weiblichen Fans, dass sie auch möglichst schnell ihre erste Gruppe gründen wollten. So schloss Malcom sich der Gruppe VELVET UNDERGROUND an (die nichts mit der US-Band zu tun haben), deren Sänger übrigens Brian Johnson hieß, aber nichts mit dem gleichnamigen späteren AC/DC-Sänger zu tun hatte. Irgendwann brach diese nicht sehr erfolgreiche Gruppe auseinander und Malcom wollte eine neue Gruppe gründen. Hierzu holte er zuerst seinen Bruder Angus herbei, der zwischenzeitlich ebenfalls Gitarre spielte, die Schule mit 15 abgebrochen hatte und für ein Softporno-Magazin arbeitete. Es war 1973, als Malcolm Young diese Band zusammentrommelte und man sich angeblich nach der Beschriftung auf einem Staubsauger benannte: AC/DC, der englischen Bezeichnung für Wechselstrom/Gleichstrom.

Am 31. Dezember 1973 sollte der erste Gig folgen, noch mit David Evans als Sänger und nur Coverversionen spielend. Im Juli 1974 folgte die erste Single auf Albert Records (von besagtem Ted Albert), die in Australien ein kleiner Hit wurde. Der Name AC/DC wurde zu der Zeit oft als bisexuelle Anspielung verstanden, so das AC/DC häufig für Auftritte in Schwulenbars gebucht wurden. Angus Young Schuluniform soll zu diesen Mißverständnissen übrigens erheblich beigetragen haben. Zu der ersten Tour durch Australien wurde Ronald Belford Scott, von allen nur Bon Scott genannt, als Fahrer angeheuert. Scott hatte vorher bereits in mehreren Bands gespielt, u.a. bei THE VALENTINES, die grausame Schnulzenmusik fabrizierten und zuletzt bei FRATERNITY. Die brachten es zu zwei Alben und einer Europa-Tournee. Vorband waren damals GEORDIE, bei denen Brian Johnson sang, der spätere Nachfolger von Bon Scott.

Kurz darauf stieg Scott, der bereits mehrere Preise als Drummer gewonnen hatte, als Schlagzeuger bei AC/DC ein. Irgendwann stellten die Young-Brüder dann wohl fest, dass Scott der viel bessere Sänger war und Evans flog raus. Die klassische AC/DC-Besetzung war geboren (die Besetzung von Schlagzeug und Bass wechselte immer wieder, wer genau daran interessiert ist, sollte am besten einfach einen Blick in die Booklets werfen).

1975 wurde das erste Album "High Voltage" aufgenommen. Dieses und auch die anderen frühen Releases unterscheiden sich aber sowohl von den Songs als auch von den Erscheinungsdaten von denen vom europäischen und nordamerikanischen Markt, da AC/DC zuerst allein auf den australischen Markt beschränkt blieben. So wurden die ersten Releases für den europäischen Markt unter den Titeln "74 Jailbreak" und "High Voltage" veröffentlicht, dabei ist "High Voltage" aber nicht identisch mit dem australischen "High Voltage"-Album. Mit diesen ersten Releases legten AC/DC dann auch den Grundstein für ihren Welterfolg, wobei die Alben noch ruhiger und erheblich blueslastiger ausfallen als spätere Alben. Bon Scotts Vergangenheit bei FRATERNITY scheint sich hier noch bemerkbar zu machen. Was sich aber schon deutlich abzeichnete, waren die bis heute sexistischen und äußerst simplen Texte der fünf Australier. Besonders die Young-Brüder betonen zwar immer wieder in Interviews, dass sie nicht frauenfeindlich seien (was auch glaubwürdig scheint), in den Texten werden Frauen aber immer wieder als Sexualobjekt geschildert. Dabei muss man aber zugestehen, dass dieses nie in einer abwertenden Art geschieht, sondern eher in einer Art, in der die Frau "bewundert" und respektiert wird. Ein komischer Beigeschmack bleibt trotzdem, auch wenn sich nicht alle Texte um diese Thematik drehen.

Wie AC/DC sich und ihre Musik selber sehen beschrieb Brian Johnson in einem Interview, in dem er sagte, dass "AC/DC keine Message haben, sondern einfach nur "Dicke Eier-Musik" machen, bei der man einen Ständer bekommt". Na ja, dazu braucht man nicht mehr viel sagen. Trotzdem bleibt die Faszination der Musik AC/DCs bestehen, die sie mit ihrem dritten Album "Dirty Deeds Done Dirt Cheap" weiter aufbauten. Das Album weist weiterhin bluesig-rockige Passagen auf, der ureigene AC/DC-Sound war spätestens hier gefunden, auch wenn sich dieser natürlich mit der Zeit etwas änderte. Zum Zeitpunkt von "DDDDC" gehörten AC/DC in Australien schon zu den ganz Großen. Der Kult um Bon Scott als Frauenheld und Angus Young in seiner Schuluniform war bereits voll im Gange, und der eigentliche kreative Kopf der Band, der schüchterne Malcom Young, trat indes etwas in den Hintergrund. Das Duo Scott-Young füllte bereits alles aus, ihre Bühnenshow wurde in australischen Hard Rock-Zines bereits als legendär gefeiert. Der Durchbruch in Europa und den USA ließ aber noch etwas auf sich warten. Zwar tourten AC/DC bereits 1976, kurz vor der Veröffentlichung von "DDDDC" in England durch das Vereinte Königreich, spielten aber 50 Cent-Shows vor "besoffenen Punks und gelangweilten Pubrockern", wie sie selbst sagten.

Der aufkommende Punk verdrängte AC/DC dann vorerst vom englischen Markt. Aber bereits kurz darauf tourten sie als Vorgruppe von RAINBOW durch Europa. Da die Tour äusserst erfolgreich war, durften sie es im UK dann gleich noch mal versuchen, und diesmal klappte es auch hier äußerst gut. AC/DC hatten den Durchbruch auch in Europa geschafft. Auf den Australiern lastete nun ein gewisser Erwartungsdruck, der durch das folgende Album aber um Weiten übertroffen wurde. 1977 schmissen AC/DC nämlich "Let There Be Rock" auf den Markt, das Rockalbum schlechthin. AC/DC zogen das Tempo an und rockten einfach nur noch drauflos. Erstmals nahmen die "bluesy-boogie" Passagen ab und der Rock´n´Roll-Anteil deutlich zu. In vielen Interviews wurden AC/DC damals übrigens gefragt, ob sie sich der Punkrock-Bewegung zurechnen würden, aber die Interviewer hatten bis dato wohl noch nie eine Band des benannten Genres wirklich gehört. AC/DC verneinten dies freilich auch immer vehement.

Der Kult um Angus Young zeigte sich auch erstmals in Form des Covers, auf dem er fast biblisch "erleuchtet" wird (die Cover von "74´Jailbreak" und "High Voltage" mit Angus wurden erst später entworfen, ursprünglich hatten die australischen Originale andere Cover). Als Folge des grandiosen Albums tourten AC/DC bald darauf als Vorgruppe von BLACK SABBATH durch Europa. Die Tour lief so gut, dass die Leute später nur noch wegen AC/DC kamen, mit der Konsequenz, dass BLACK SABBATH die Australier darauf aus der Tour rauswarfen. Gleichzeitig stieg Bassist Mark Evans aus, und als Ersatz für ihn war zeitweise auch Glen Matlock von den SEX PISTOLS im Gespräch. Letztendlich fiel die Wahl aber auf Cliff Williams.

Kurz darauf folgte die erste US-Tour - AC/DC hatten den weltweiten Durchbruch erreicht, und in den folgenden Jahren/Jahrzehnten sollten einige ausgiebige Welttourneen folgen. 1978 spielten dann AC/DC ihre legendäre Radioshow, die in extrem geringer Stückzahl als "Live at the Atlantic Studios"-Promo-LP verteilt wurde. In der Aufnahme entfaltet sich die ganze Power von AC/DC, die LP wird aber zu horrenden Preisen verkauft (es kursieren aber auch zig günstige Bootlegs dieser Radioshow, oft unter anderem Namen). Für den Rest der Welt brachte die Plattenfirma "If you want blood you´ve got it" auf den Markt, ein Zusammenschnitt von verschieden AC/DC-Konzerten, der zwar alle Hits enthält, aber nicht ganz an den Atlantic Studios-Auftritt heranreicht. Im selben Jahr kam auch noch gleich ein neues Studioalbum heraus, "Powerage". Von einigen Kritikern wurde ein Schnellschuss erwartet, um an den Erfolg von "Let there be Rock" anzuknüpfen. Glücklicherweise bestätigte sich diese Annahme nicht, "Powerage" erreicht zwar nicht ganz die Klasse des Vorgängers, zählt aber eindeutig zu den Meisterwerken der Rockmusik.

Kaum ein Jahr später folgte dann das (kommerziell) erfolgreichste AC/DC-Album schlechthin, "Highway to Hell", das erstmals nicht vom Duo Vanda-Young produziert wurde). Ein Album, an dem AC/DC sich auch immer wieder selbst messen lassen mussten, und den Titeltrack kennt eh jeder. Das eigene Denkmal hatten sich die Australier damit schon zu Lebzeiten gesetzt. Am 27. Januar 1980 betrat eine der größten Figuren des Rock´n´Roll, Bon Scott, dann zum letzten Mal mit AC/DC die Bühne. Etwa drei Wochen später, am 20. Februar 1980 war Bon Scott tot. Der charismatische Frontmann von AC/DC hatte sich, fast schon klischeehaft, zu Tode gesoffen. Der genaue Verlauf des Abends konnte bis heute nicht rekonstruiert werden und bleibt weiterhin Anlass für wilde Spekulationen. Klar ist nur, dass Scott nach einem Besuch in einem Rock-/Metalclub in London mit einem Freund zu seiner Wohnung fahren wollten, dieser den besoffenen Scott aber nicht aus dem Auto bekam. Daraufhin ließ er ihn im Auto liegen. Scott erstickte dann im Schlaf an seiner eigenen Kotze, im Krankenhaus wurde später auch noch eine Alkoholvergiftung festgestellt.

Die Musikwelt reagierte auf diesen Vorfall äußerst betroffen, das Ende von AC/DC schien klar. Doch irgendwann entschlossen sich die Young-Brüder doch weiterzumachen und wählten Brian Johnson unter zig anderen Kandidaten als neuen Sänger aus.

Ziemlich flott erschien darauf dann auch "Back in Black", das erste Album mit dem neuen Sänger und dem bezeichnenden Titel. Gerüchteweise soll ein Großteil der Songs noch aus der Feder von Bon Scott stammen und auch die ersten Aufnahmen noch mit ihm stattgefunden haben. Zumindest wird der neue Weg von AC/DC schon deutlich: metallischer, weniger bluesige Boogie-Sounds und vor allem weniger verspielt. Das Album wurde kommerziell ein Riesenerfolg, genau wie das 1981 folgende "For Those About To Rock (We Salute You)", und beide stürmten die Charts. Auf beiden Alben reiht sich ein Hit an den anderen. Ganz anders bei den folgenden Alben: so sind "Flick Of The Switch" (1983) und "Fly On The Wall" (1985) zwar noch stellenweise hörbar, doch mit "Who Made Who" (1986, ein Soundtrack zu dem Stephen King Film "Maximum Overdrive", King ist ein großer AC/DC-Fan) und "Blow up your Video" (1988) fabrizieren AC/DC nur noch drittklassigen Scheiss.

Wer nicht ein beinharter AC/DC-Fan ist oder zuviel Geld hat, sollte sich diese vier Alben lieber schenken, die hörbaren Songs dieser Alben finden sich auch auf dem späteren Livealbum. Nachdem die meisten Hörer AC/DC schon längst abgeschrieben hatten, meldeten diese sich 1990 überraschenderweise mit dem Knaller "The Razors Edge" wieder, um der Welt zu zeigen was Rock´n´Roll ist. Die Songs lassen Erinnerungen an die glanzvollen Tage von "Back in Black" und "For Those About..." aufkommen, und die folgende Welttournee bewies endgültig, dass AC/DC wieder Songs schreiben konnten und rockten. Auf dieser Welttournee wurde dann auch ein Livealbum mitgeschnitten, mit dem einfallsreichen Titel "Live" und einer hervorragenden Songauswahl (sowohl neue als auch alte Hits) in perfektem Sound. "Live" erschien als Doppel-CD und als Einzel-CD, empfohlen sei jedem natürlich die Doppel-CD (soweit noch erhältlich), allein schon weil logischerweise mehr Songs drauf sind. Erneut ins Licht der Öffentlichkeit rückten AC/DC dann, als sie mit "Big Gun" den Titeltrack für irgendeinen dümmlichen Arnold Schwarzenegger-Film lieferten, trotzdem ein guter Song.

An längere Pausen zwischen den Studioalben bereits gewöhnt, beglückten AC/DC 1995 die hoffnungsvollen Fans mit "Ballbreaker". Nach dem Erfolg von "Razors Edge" schlagen AC/DC hier deutlich wieder den Weg der 70er ein, eine erfreuliche Wendung, die aber wohl besonders die Metalkids vergraulte. Diese Entwicklung zurück zu den Wurzeln wurde dann auch mit "Stiff Upper Lip" (2000) fortgesetzt. Beide Alben enthalten ihre kleinen Hits, bieten zwar nicht mehr die Überhits der Marke "Highway to hell" oder "Let there be tock", heben sich aber wohltuend von den Enttäuschungen Mitte und Ende der 80er ab. Was sich aber auch abzeichnet ist das fortschreitende Alter von Brian Johnson, denn sein Organ wirkt stellenweise etwas schwächlich.
Gewiefte Plattenmanager schmissen in den 90ern verschiedene Boxen und CD-Sets auf den Markt, die sich besonders des Mythos von Bon Scott bedienten, dazu wurden alle älteren Alben remastered und wiederveröffentlicht. Unlängst waren AC/DC mal wieder auf Welttournee und ein Ende der Legende ist nicht absehbar.