Die U.K. SUBS spielten in meiner Punk-Sozialisation eine wichtige Rolle. Gegründet 1976 in London, standen sie zu Beginn ein wenig im Schatten der Flaggschiffe wie RAMONES, SEX PISTOLS, THE DAMNED oder THE CLASH, machten aber 1978 und 1979 mit vier grandiosen EPs auf sich aufmerksam und führten so etwas wie „die zweite Welle“ des Punkrock mit einer deutlich härteren Gangart an. Einige Tracks der EPs fanden sich in teilweise neuen Versionen auf dem ersten Album „Another Kind Of Blues“ aus dem Jahr 1979 wieder, einem Klassiker des frühen Punkrock.
Die U.K. SUBS hatten einen prägnanten Sound, der vom markanten und einzigartigen Gitarrenspiel Nicky Garratts bestimmt wurde. Diesen bezeichneten wir gern als „Stakkato“, denn Garratt schlug die Saiten dominant und kraftvoll von oben herab an, verzichtete hörbar auf Doppelschläge und streute immer wieder offene und getragene Akkorde in die Titel ein. Diese wurden fast vollständig von ihm und Frontmann, Sänger sowie mittlerweile Ikone Charlie Harper geschrieben. Durch Garratts Stil hatten die Punk-Songs der Band immer etwas „Rockiges“, ohne im entferntesten „Rock“, sondern stattdessen hart, wild und gleichzeitig strukturiert sowie hymnisch zu sein. Frühe Beispiele dafür sind „Young criminals“, „Scum of the earth“ oder „Lady Esquire“. 1980 erschien neben gleich zwei Live-Platten – „Crash Course – Live“ und „Live Kicks“ (mit Aufnahmen aus dem Jahr 1977 im Londoner Roxy) – das zweite Studioalbum „Brand New Age“. Der Weg von „Another Kind Of Blues“ wurde konsequent fortgesetzt, auch wenn die Stimmung auf der Platte etwas düsterer und brutaler war als auf dem Debüt. Dieses zeigt sich bereits beim Cover, welches Zerstörung, Verzweiflung und Unfreiheit darstellt und spiegelt sich ebenfalls in Songs und Texten wie „Warhead“, „Bomb factory“, dem Titeltrack oder „Emotional blackmail“ wider.
Für mich markiert diese Scheibe den Höhepunkt des Schaffens der U.K. SUBS. Es gibt darauf nicht einen einzigen Ausfall, sondern es werden bei insgesamt 14 Tracks weitere Evergreens wie „Organised crime“, „Rat race“ oder „Kicks“ zum Besten gegeben. Und auch hier thront über allem die Rhythmusgitarre, kombiniert mit großartigen und für Punkbands jener Zeit eher unüblichen Gitarrensoli sowie der wilden Stimme von Charlie Harper. Wie beim Debüt vervollständigten Pete Davies an den Drums und Paul Slack am Bass die Band. Mein Höhepunkt des Jahres 1980 war dann mein allererstes Punkrock-Konzert, gespielt von den U.K. SUBS! Geprägt von geradezu rauschhaften Emotionen habe ich noch immer die wilde Punk-Meute, den tanzenden Charlie Harper, den alles zerstörenden Nicky Garratt und all die Energie vor Augen. Es war der Wahnsinn.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #150 Juni/Juli 2020 und Stephan Zahni Müller