40 Jahre später: BIG BLACK

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Bulldozer (12“, Ruthless, 1983)

BIG BLACK wurden 1982 von Steve Albini gegründet, während er Journalismus an der Universität in Evanston, Illinois studierte. Die erste BIG BLACK-EP „Lungs“, auf der er alles bis auf das Saxofon und das Schlagzeug selbst spielte, nahm er mit einem geliehenen Vierspurgerät auf. Wenig später rekrutierte Albini den Bassisten Jeff Pezzati und den Gitarristen Santiago Durango (beide zuvor bei NAKED RAYGUN aktiv). Mit der Unterstützung von Schlagzeuger Pat Byrne (ex-URGE OVERKILL) wurde 1983 „Bulldozer“ veröffentlicht. Die 12“-EP erschien zunächst als limitierte Version in einer Hülle aus Metall, was als Hommage an das Album „Metal Box“ (1979) von PiL gedacht war. Die Platten von PiL, TUXEDOMOON, CABARET VOLTAIRE und THROBBING GRISTLE schätzte Albini schon während seiner Studienzeit. Der Albumtitel „Bulldozer“ ist wie ein plakatives Postulat: Songs wie „Cables“, „Texas“ und vor allem „Pigeon kill“ sind rohe, energetische Monster aus einer dunklen Punk-Noise-Industrial-Hölle. Neben Pat Byrne ist auch die von Albini verwendete Drum-Machine Roland TR-606 zu hören, wie sie beispielsweise auch SISTERS OF MERCY in ihrer frühen Phase verwendet hatten. Albini schätzte deren Sound sehr: „Drum machines can be cool instruments with a lot of character. I was always disappointed when I heard one being used clumsily, which was most of the time.“ Die Texte Albinis berichten von den realen, oft von Zeitungsartikeln inspirierten, gesellschaftlichen „Krankheiten“ und Auswüchsen einer „absolut degenerierten US-Gesellschaft im Zentrum des westlichen Kapitalismus“, wie er es formulierte. „Pigeon kill“ beschreibt eine Stadt im ländlichen Indiana, die mit einer Überpopulation von Tauben fertig wird, indem sie diese mit vergiftetem Mais füttert. Der Musikkritiker Robert Christgau beschrieb diesen brachialen, bassbetonten Noise- und Industrial-Sound in der New Yorker Zeitung The Village Voice als „Pigfuck“. Ein Terminus, der keine Fragen offen lässt. Auf „Bulldozer“ erzielte Steve Albini mit seiner Gitarre seinen charakteristisch „hart-klirrenden“ Sound, indem er mit Blechklammern eingekerbte Plektren verwendete, die den Effekt von zwei Plektren gleichzeitig erzeugten. Produziert wurde das Album von Iain Burgess (der leider 2010 verstarb), dem Geburtshelfer des frühen Chicago-Punk-Sounds der Achtziger Jahre, der auch mit Bands wie NAKED RAYGUN, THE EFFIGIES, RIFLE SPORT oder MINISTRY zusammengearbeitet hat. „Bulldozer“ erreichte nicht den Bekanntheitsgrad des BIG BLACK-Albums „Songs About Fucking“ von 1987, ist aber für die „Definition“ des Sounds der Band von nicht zu unterschätzender Bedeutung.