Ostdeutschland und Hardcoreszene - das ist eine Kombination die vielerorts nicht aufgeht. Und so bin ich froh, hier in Sachsen zu leben, denn da gibt es sowas noch, und das recht lebhaft mit immer neuen und guten Bands. Zu den ersten zählten da mal OX-EYE und die HOLY PIGS, denen aber beiden noch vor der Jahrtausendwende die Luft ausging. Aus dem OX-EYE-Umfeld fanden sich Zippel (voc.), Reiti (bg.) und Matze (git.) zusammen, um weiter zu musizieren, und spätestens seit ´98 der Ex-HOLY PIGS-Drummer Rico, seines Zeichens auch Booker und Chef des Jugendtreffs Kombi in Nünchritz sowie Sunnyside Fanzine-Macher, dazu stieß, konnte es nur eine Richtung geben, die da hieß: aufwärts. Und sie haben es weit gebracht mit ihrem klassischen Früh-Achziger-Hardcore à la alte AGNOSTIC FRONT meets MINOR THREAT. So kehrten sie gerade erst von ihrer zweiten Südeuropatour wieder und auch ihre dritte 7" ist bereits zu haben, ganz zu schweigen von der großen Anhängerschaft, die man sich inzwischen erspielt hat. Das ist eigentlich schon Grund genug, sie auch euch mal vorzustellen. Und so trafen wir uns am 25. April in der Kombi, wo sie eigentlich als Support für die US BOMBS aufspielen sollten, wäre da nicht Reitis böse Sehnenscheidenentzündung, die sie nun zum Zuschauen zwang.
Sagt mal, was heißt eigentlich 4 SIVITS?
Zippel: Also 4 SIVITS heißt eigentlich gar nichts. Es ist mehr oder weniger aus einer Buchstabenspielerei entstanden.
Reiti: Naja, durch die Zivis halt. Als wir anfingen waren wir alle Zivis. Das klang aber etwas blöd, und so haben wir dann eben etwas an den Buchstaben rumgedreht.
Zippel: Ja aber den Namen gibt´s als solches in Amerika. Da haben wir mal eine nette Frau im Internet kennengelernt, die war auf unserer Seite und hat sich als Frau Sivit vorgestellt. Die hat eben interessiert, was sich dahinter verbirgt, da sie noch nie jemanden getroffen hatte, der den Namen SIVIT trägt. Also haben wir jetzt die Mutter unserer Band gefunden, und der Vati sitzt da!(zeigt auf Rico, alle lachen)
Warum macht ihr gerade solche altbackene Musik?
Zippel: Ja, also wir wollten eigentlich schon von Anfang an, damals noch mit Lutz unserem alten Drummer, was auf der alten Schiene machen, mit der Hardcore eigentlich bekannt geworden ist, ohne große Schnörkel, und einfach nur "Knüppel aus dem Sack".
Wie lange gibt´s euch jetzt überhaupt schon?
Zippel: Seit Frühjahr 1997, und dann ´98 auf´n Glaubitz-Open-Oir haben wir Vati kennengelernt, der seither unser Drummer ist.
Hättet ihr damals gedacht, dass ihr es mal soweit bringt, in Bezug auf Touren und Platten?
Zippel: Nein, also auf jeden Fall nicht. Ich bin davon ausgegangen, dass so viele Leute das OldSchool-Ding gar nicht mehr hören. Aber für mich ist das halt Hardcore und alles andere ist eher schon zu weit weg davon.
Wie war eure Südeuropatour?
Rico: Es war durchschnittlich besucht, obwohl durchschnittlich vielleicht das falsche Wort ist. Wir hatte zwischen 20 und über 200 Leuten eigentlich alles dabei, wochentags meist weniger, außer in Zagreb, wo gut 200 da waren, und am Wochenende dann etwas mehr. Na und dann mit MADBALL vor vielen hundert Leuten und die EasterBowl in Schweinfurt, aber bei MADBALL sind wahrscheinlich mehr oder weniger nicht so viele wegen uns gekommen.
Wart ihr für die Kroaten und Slowenen sowas, wie es die Amibands für uns sind?
Rico: Nein, das lief relativ relaxed, und unsere ist auch nicht die Musik, die da unten im Moment angesagt ist. Uns verbinden sie eher mit Punk als mit Hardcore, das war mein Eindruck. Und es ist auch nicht so, dass die da hinterm Mond leben, gerade z.B. in Kroatien haben sie auch schon mitbekommen, dass Taschentücher auf Konzerten angesagt sind... (lautes Gelächter), um die drei berühmten Buchstaben wegzulassen, na und halt der ganze Metal/NewSchool-Kram.
Um nochmal auf die MADBALL-Show in Conne Island, Leipzig zurückzukommen, was haltet ihr persönlich von solch großen Shows?
Zippel: Also ich mag eher die kleinen Läden. Da hat man mehr Kontakt zu den Leuten, und man kann auch besser Party feiern. Es ist aber nicht so, dass wir nicht auch gern mal vor großem Publikum spielen, aber am Ende ist es dann meist immer so, was weiß ich, vielleicht weil wir nur ´ne deutsche oder so eine kleine Band sind, dass wir auf den Plakaten ganz unten stehen, und die Leute denken, mal etwas übertrieben gesagt, das sind die, die zum Verheizen da sind. Aber in Leipzig war ich echt positiv überrascht, das doch so viele Leute so mitgegangen sind. Das war schon ein schönes Gefühl.
Ihr habt jetzt eure dritte 7" rausgebracht. Wann wird es von euch mal was längeres geben?
Zippel: Das haben wir für die nächste Zeit eigentlich vor. Also bis zu einer 10" haben wir uns schon mal von der Zeit her hochgearbeitet.
Rico: Naja aber die Frage ist eben immer, da ja sowieso kaum noch einer Platten kauft und wir ja eher Vinyl-Fetischisten sind, eine ökonomische. Die Leute, die schwanken, nehmen dann doch eher eine 7", die sechs oder sieben Mark kostet, als 15 Mark in eine LP zu investieren. Die haben dich dann zwar auf der Bühne gesehen, dass heißt aber nicht, dass die Scheibe automatisch auch so gut ist. Da ist die Risikobereitschaft eine 7" zu kaufen größer als bei einer Platte. Aber geplant ist es mal, nur steht eben noch nichts fest.
Eure letzte Scheibe hieß "Ready to fight" und ihr habt darauf den gleichnamigen NEGATIVE APPROACH-Hit gecovert - wie kam´s dazu?
Rico: Man könnte denken, wir haben die Platte nach dem Lied benannt, aber das ist ja nicht so. Das ist eher ein Ausdruck dessen, was wir eigentlich wollen.
Zippel: Man sieht´s ja gerade heutzutage, nimm nur die Kampagne "Good Night - White Pride". Man sollte eben bereit sein, für eine Sache zu kämpfen, und nicht nur sein Leben dahin zu leben. Der Titel steht eher als Sinnbild dafür, seine Ideale gegen Gesellschaft und sonstigen Widerstand durchzusetzen, auch wenn´s mal schwer fällt, und das ist uns wichtig und deshalb: "Ready to fight!
Kann man die Message eurer Texte in wenige Worten zusammenfassen?
Zippel: Man ließt ja oft in Fanzines über Punkbands, und deren ausgelutschte Texte, mit "Gegen Nazis" und so, aber man sieht´s halt jeden Tag, dass es wichtiger denn je ist, immer wieder drauf hinzuweisen. Da gibt´s, glaube ich, keine ausgelutschten Texte. Es ist immer wichtig den Leuten was zu sagen, wir haben z.B. sozialkritische Texte, oder nimm "Skinhead Movement". Der hat uns unerwartet echt etwas geprägt. Wir sind selber keine Skinheads, aber sie sind ein Teil der Bewegung und als solcher zu respektieren. Da ist schon Sympathie unsererseits da, aber wenn, dann nur korrekte Skins.
Wie steht ihr zu all den neuen Strömungen im Hardcore und den daraus resultierenden Streitigkeiten in der Szene?
Zippel: Was ich mit Hardcoreszene verbinde, sind die klassischen Schienen Oi!, OldSchool-Hardcore und Punk.
Reiti: ...na und manche Sachen, die sich halt Hardcore nennen, sagen wir mal z.B. Post-Hardcore, gehören für uns nicht so dazu, wie für andere. Nimm diesen ganze Emo-Kram, das ist für uns kein Hardcore mehr, das ist doch eher Pop.
Zippel: Viele werden sagen: "Okay, sollen die doch ihren Achziger-Jahre -Kram machen, wir haben uns inzwischen weiterentwickelt!", aber gut, sollen sie reden, ich bin der Meinung, dass durch diesen ganzen modernen Quatsch ein Stück weit von der Idee und vom Kult verloren geht.
Rico: Das Problem, denke ich, ist, dass durch dieses ganze Breitgelatsche, dass also immer mehr zum Hardcore dazu gepackt wird, wie z.B. Emo oder so, die ganze Sache halt immer mehr kommerzialisiert wird. Das ist schon eine Gefahr für die ganze Musikrichtung. Ich hab nichts gegen Emo, und da gibt´s auch gute Bands, aber wenn sie dann irgendwelche Liebeslieder auf der Bühne trällern und mal für zehn Sekunden einen Verzerrer einschalten, dann hat das einfach nichts mehr mit der Grundidee zu tun. Da sollen sie halt sagen, dass sie Popmusik machen, und nicht auf einen Image rumreiten, mit dem sie nichts mehr zu tun haben.
Zippel: Und es ist auch alles zu einer Modegeschichte verkommen. Viele raffen einfach nicht mehr, dass den Menschen nicht die Klamotten ausmachen, die er trägt. In letzter Zeit, denke ich zumindest, geht alles so in eine Discorichtung.
Rico: Es wird ja auch oft so argumentiert, dass diese Musik, Emo eben, vielleicht das Tor zur Szene für junge Leute öffnet, aber das ist wohl eher nach hinten losgegangen, und die Ideale gingen dabei verloren.
Wenn ihr die Wahl zwischen Big Business und D.I.Y., will sagen weiter so wie bisher, hättet, was wäre euch lieber?
Alle: Weiter so wie bisher!
Zippel: Es ist halt wichtig den Spaß an der Sache zu bewahren. Wenn es irgendwann mal nur noch Arbeit ist, mit der du dein Geld verdienst, dann ist es irgendwie nicht mehr das, was es mal sein sollte.
Die 4 SIVITS sind ja nicht die einzige Tätigkeit, die ihr im Musikbereich ausübt. Zippel, du hast doch da noch so ein Nebenprojekt. Erzähl doch mal was darüber!
Zippel: Ja, die Band nennt sich halt COPYRIGHT UNITZ und macht Hip Hop. Aber es nicht der typische Chart-HipHop, sondern eher das Underground-OldSchool-HipHop-Ding. Und bei mir ist es halt auch so, dass ich nicht mit Hardcore, sondern mit Hip Hop angefangen habe. Dann kam OPERATION OX-EYE, das war ein Projekt, das etwas an BODYCOUNT erinnerte, mit zwei MC´s . Damals haben wir ein paar Songs gemacht, die musikalisch schon Hardcore waren, aber eben mit Raps. Und da hab ich mir bei einer Probe einfach mal das Mikro geschnappt und mal etwas lauter gesungen. Aber das HipHop-Ding mit DJ Ron, unserem OldSchool-Hasen, ist bis heute immer bestehen geblieben. Mit denen hänge ich viel rum und wir geben auch Konzerte. Das gehört für mich genauso zur Musik wie die 4 SIVITS.
Was wären da noch für große Ziele, die ihr für die Zukunft hättet?
Zippel: Auf jeden Fall dabei zu bleiben und zur Sache zu stehen. Viele Shows spielen und viele Leute treffen, und vielleicht den Hardcore am Leben erhalten, sowie vor allem auch den Jüngeren, die immer wieder dazukommen, die Wurzeln und Ideale dieser Musik näher zu bringen.
Reiti: Und Rico will auch an seinem Vierzigsten noch mit uns zusammen spielen... (Gelächter)
Haben wir noch was vergessen?
Rico: Kommt zu unseren Konzerten!
Zippel: Und dann müssen wir allen noch einen lieben Gruß vom Matthias sagen, unserem "Crust gegen Jesus", der heute leider wieder die Working Class vertreten muß, und ganz ängstlich war, dass wir hier nur Scheiße erzählen könnten.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #43 Juni/Juli/August 2001 und Frank Nice