30 Jahre später: BLACK TRAIN JACK

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You’re Not Alone (CD/LP, Roadrunner, 1994)

Es gibt Bands, die trotz ihrer eher kurzen Schaffensphase Außergewöhnliches erreichen: Eine Kombination aus Authentizität und dem Mut, etwas gänzlich Neues auszuprobieren. Hierzu zählten BLACK TRAIN JACK aus New York City, die – tief verwurzelt in der New Yorker Hardcore-Szene – stets unter dem klassischen Label des NYHC firmierten und in einem Atemzug mit ihren Freunden GORILLA BISCUITS, SICK OF IT ALL oder WARZONE genannt wurden. Noch dazu standen sie bei Roadrunner Records unter Vertrag, das seinerzeit insbesondere für Veröffentlichungen im Metal bekannt war. 1994, als noch lange nicht an Streaming zu denken war, lag es als echter Hardcore-Fan also auf der Hand, im Plattenladen kurzentschlossen nach „You’re Not Alone“ zu greifen. Beim erstmaligen Anhören dürfte die Überraschung allerdings riesig gewesen sein, denn stilistisch konnten BLACK TRAIN JACK nicht unterschiedlicher sein. Würde dieses, ihr zweites und gleichzeitig letztes Studioalbum heute veröffentlicht, stünde es im Plattenregal zweifellos unter der Kategorie Alternative Punk, denn wie bereits auf dem Debüt „No Reward“ vermischen die New Yorker hier mit ihren Hardcore-Roots sehr viele Elemente aus Pop, Blues und Hardrock. Insbesondere sticht dabei die wunderschöne, klare Vibratostimme ihres charismatischen Sängers Rob Vitale hervor, der dank seiner klassischen Gesangsausbildung mit spielerischer Leichtigkeit über den Songs schwebt. So entfaltet schon der pop-punkige Opener „Handouts“ nach nur wenigen Sekunden seinen vollen Ohrwurmcharakter. Auch die Coverversion von Steve Millers „The joker“ weiß im Downtempo zu begeistern. Während rund die Hälfte der Tracks groovig und rockig daherkommen, fahren die New Yorker zwischendurch immer wieder die Geschwindigkeit hoch und liefern lupenreine Pop-Punk-Hits ab. Wesentlicher Motor war hierbei Ernie Parada, ehemals Drummer bei KRAKDOWN und TOKEN ENTRY, der später an die Gitarre wechselte und mit seinen melancholischen Oktavgitarrenriffs für den unverkennbaren Charme der Songs sorgte. Sein Bekanntheitsgrad in der Szene half der Band, schnell Aufmerksamkeit und Anerkennung zu erhalten, und erklärt auch, warum BTJ letztlich zur Kultband avancierten. 1995 lösten sie sich aufgrund von musikalischen Differenzen auf, brachen den Kontakt ab, gründeten neue Projekte. Rob und Bassist Brian heuerten bei NINE LIVES an, Ernie gründete GREY AREA, ARSONS und HIGHER GIANT – allesamt fantastische Bands, die es sich unbedingt anzuhören lohnt. Leider erlag Rob 2021 den Folgen einer Corona-Infektion. Mit viel Glück können eingefleischte BTJ-Fans über Ernies Grafikagentur Hellgate Industries immer wieder einmal einen T-Shirt-Reprint mit dem legendären Balken-Logo der Band erhaschen.