200 STAB WOUNDS

Foto© by Finn Geiger

Gewusst wie

Kurz vor Redaktionsschluss und mitten in der Nacht telefonieren wir uns mit Steve Buhl zusammen, um mit ihm über das kommende zweite Album „Manual Manic Procedures“ seiner Band zu sprechen.

Wann habt ihr angefangen, das neue Material zu schreiben?

Es gibt einen Song, den wir schon seit der Veröffentlichung der ersten Platte spielen, er heißt „Release the stench“. Er ist schon älter, aber es hat lange gedauert, ihn zu schreiben. Viele Lieder sind von 2021. Andere Songs sind ganz neu. Die sind erst entstanden, kurz bevor wir ins Studio gegangen sind. Das Material ist also zwischen einem und drei Jahren alt. Aber die meisten Lieder sind brandneu.

Gibt es eine Art Entwicklung, die du zwischen den älteren und den neueren Songs siehst? Sind sie für dich anders?
Nun, zuerst einmal habe ich an meiner Gesangstechnik gearbeitete. Ich habe nun einen größeren Stimmumfang. Ich singe jetzt tiefe und hohe Töne und ich ziehe den Gesang manchmal in die Länge. Am Anfang der Band konnte ich das nicht, weil ich nicht wirklich wusste, wie man singt. Als wir das erste Album aufnahmen, hatten wir noch nicht einmal ein Konzert gespielt, also hatte ich noch nicht wirklich die Fähigkeiten dazu. Aber mit diesem Album ist der Gesang gereift, denke ich. Was die Gitarrenarbeit angeht, so spielen wir mehr Riffs im Gegensatz zu dem Chugging, das wir früher gemacht haben.

Manche habe das Cavemen-Death-Metal genannt.
So haben wir eben auf der ersten EP und dem ersten Album geklungen. Die Seven Inch, die wir bei Metal Blade rausgebracht haben, die war schon reifer, aber selbst da haben wir noch versucht, uns ein bisschen die Füße nass zu machen.

Das gefällt mir auch an der EP und am neuen Album. Dass es meiner Meinung nach riffiger und abwechslungsreicher im Rhythmus ist und man eine Entwicklung zwischen eurem ersten Material und dem Album erkennen kann. Dass ihr euch nicht wiederholt.
Das hat viel damit zu tun, dass wir so viel auf Tour waren. Wir haben viele Songs geschrieben, von denen wir dachten, dass sie wirklich gut sind, aber dann spielen wir sie live und bekommen nicht die Reaktion, die wir uns erhofft hatten. Dann spielen wir einen anderen Song, über den wir kaum nachgedacht haben, und das verdammte Publikum liebt ihn. Wir haben jetzt eine genauere Vorstellung davon, was die Menge zum Toben bringt und was unsere Fans mögen.

Gibt es bestimmte Elemente, die besonders gut funktionieren?
Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass unsere Auftritte vom Fluss des Sets abhängen. Wir wechseln also oft das Set. Und zwar nicht so, dass wir die ganze Zeit verschiedene Songs spielen. Es ist eher so, dass wir die Songs neu arrangieren, sie an eine andere Stelle im Set positionieren. Wir haben also diese Version des Sets, wo wir mit einem langsameren Song anfangen und denken, dass das eine gute Idee ist. Dann gehen wir raus, spielen es und nichts passiert. Jetzt wissen wir, dass wir mit vollem Tempo auf die Bühne kommen müssen. Dann spielen wir ein paar langsame Lieder, dann ein paar mittlere, dann ein schnelles und zum Schluss ein paar langsame. Ich weiß also, dass es zumindest für mich und unser Publikum mehr auf den Fluss des Sets ankommt und nicht so sehr auf die Teile des Songs. Ja, natürlich gibt es Elemente in unseren Liedern, die die Leute bevorzugen, aber für unsere Live-Show kommt es definitiv mehr auf das Zusammenspiel des Ganzen an.

Ihr habt die Songs für das neue Album zu Hause vorproduziert. Wie wichtig war das für den Gesamtprozess?
Für uns ist das sehr wichtig, weil wir uns nicht so oft treffen. Früher war das anders, aber das liegt jetzt daran, dass wir alle an verschiedenen Orten leben. Unser neuer Gitarrist lebt in Texas und ich bin vor kurzem nach Georgia gezogen. Es ist jetzt wichtiger denn je. Normalerweise treffen wir uns nur zum Proben, wenn eine Tournee ansteht. Natürlich nutzen wir auch die Technologie, die uns zur Verfügung steht. Jeder kann Sachen schreiben und den anderen schicken. So können wir auch getrennt voneinander an Material arbeiten. Wir waren das ganze Jahr 2022 auf Tour, wir hatten ungefähr zwei Monate in dem Jahr frei. Als wir nach Hause kamen, meinte Metal Blade, dass wir ins Studio gehen und etwas aufnehmen sollten. Ich sagte ihnen: „Nun, wir haben etwas, aber es ist nicht sehr gut.“ Es ist ja nicht so, dass wir keine Zeit gehabt hätten, an etwas zu arbeiten. Also habe ich sie gezwungen, uns mehr Zeit zu geben, und ja, wir haben uns den Arsch aufgerissen. Ich habe an vielen Songs zu Hause in meinem Heimstudio gearbeitet, um sicher zu gehen, dass alles gut ist. Ich arbeite an einem Song und höre ihn mir an. An einem Tag finde ich ihn großartig, dann gebe ich ihm eine Woche und höre ihn mir noch einmal an. Dann denke ich vielleicht, dass ich ihn noch einmal überarbeiten muss. Die Vorproduktion ist super wichtig, besonders als Band, die nicht so oft zusammenkommt.

Für die Produktion des Albums habt ihr die Produzenten nicht gewechselt, sondern seid bei Andy Nelson und Brad Boatwright geblieben. Trotzdem hat sich der Sound auf „Manual Manic Procedures“ verändert.
Um ein bisschen tiefer in die Materie einzutauchen, wollte Metal Blade, dass wir mit einem ihrer Jungs aufnehmen. Nichts gegen ihn, aber mit Andy fühlen wir uns einfach wohler. Wir haben schon mit unseren früheren Bands bei ihm aufgenommen, seit wir 14, 15 waren. Das war also unsere Entscheidung, zu Andy zurückzukehren. Auf der Seven Inch, die wir mit Metal Blade gemacht haben, sind wir ein bisschen aus der Reihe getanzt und haben sie mit jemand anderem aufgenommen. Uns gefällt, wie Andy arbeitet. Und wir kennen das Studio. Wir wissen, wie er aufnimmt. Wir sind mit seiner Arbeitsweise vertraut. Und es ist einfach organischer. Was den besseren Sound angeht, glaube ich nicht, dass es eine bewusste Anstrengung war. Ich glaube, jedes Mal, wenn wir wieder zu Andy kommen, wird er einfach besser und besser. Es ist nicht so, dass er besser werden will, also ich glaube nicht, dass er es erzwingt. Es ist einfach eine natürliche Entwicklung. Aber ich denke, man kann definitiv erkennen, dass es dasselbe Studio ist, wenn man beide Platten hört.