20 Jahre später: TEXAS IS THE REASON - Do You Know Who You Are? (Revelation, 1996)

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Bei TEXAS IS THE REASON gab es viele Gründe, sie in die Post-Hardcore-Schublade zu stecken. Zum einen war da die musikalische Vergangenheit von Gitarrist Norm Arenas und Schlagzeuger Chris Daly, die bei SHELTER und 108 ihre New-York-Hardcore-Ausbildung genossen haben. Zum anderen war ihr Label Revelation Records die Heimat von Bands wie GORILLA BISCUITS und JUDGE.

Vor allem aber war das, was die vier New Yorker 1996 auf „Do You Know Who You Are?“ veröffentlichten, gewiss kein Hardcore mehr. Allein der etwas nasale Gesang von Sänger Garrett Klahn, der zwischen Grunge und Rock pendelte, war hierfür Beweis genug. Zwar beginnt das nur neun Songs umfassende Album mit „Johnny on the spot“ und „The magic bullet theory“ noch ein wenig rockiger, entwickelt sich dann aber spätestens mit „Nickel wound“ zu jenem Klassiker, der den Sound unzähliger Bands beeinflusst hat.

Was wäre, hätte es „Do You Know Who You Are?“ nicht gegeben? Das einzige Album von TITR zeigte direkt nach der Veröffentlichung seine große Wirkung: Bands wie PALE, THAT VERY TIME I SAW, vielleicht auch DASHBOARD CONFESSIONAL werden sicherlich nicht verneinen, dass die New Yorker ihren Sound maßgeblich beeinflusst haben. Bands wie BASEMENT und CITIZEN würden heute auf jeden Fall anders klingen, gäbe es nicht Songs wie „Back and to the left“ oder „A Jack with one eye“.

Als das Album 1996 erschien, schrieb Joachim Hiller in Ox #24, dies sei „Musik für träge werdende HC-Veteranen, die vom Kauf eines Hauses auf dem Land träumen und auch sonst ziemlich vernünftig geworden sind ...“ und äußerte damit indirekt den Zweifel, der einem ganzen Genre über Jahre anhaften sollte. War das noch Hardcore? Was eigentlich ist Emo? „Do You Know Who You Are?“ entwickelte sich auch deshalb zu einem Klassiker des Genres, weil es in den Anfangstagen noch interessant und frisch klang, wenn sich eine Band ein Beispiel an FUGAZI nahm, atmosphärische bis kantige Rock-Songs schrieb und dabei über Dinge sang, die in einer Hardcore-Nummer so vielleicht keinen Platz gefunden hätten.

TEXAS IS THE REASON sind eine Band, die in einem Atemzug mit THE PROMISE RING, SENSE FIELD, JIMMY EAT WORLD, MINERAL und SAMIAM genannt werden muss. Weil sie die Ersten waren, die sich getraut haben, sich zwischen die Stühle zu setzen, und dabei Musik für die Leute gemacht haben, denen Hardcore vielleicht nicht facettenreich genug und Grunge einfach zu oberflächlich war. Als „Do You Know Who You Are?“ veröffentlicht wurde, war der Autor dieser Zeilen gerade mal zwölf Jahre alt und brauchte noch ein paar Jahre, bis er das erste und gleichzeitig auch einzige Album der New Yorker als das erkannte, was es schlussendlich ist: ein Post-Hardcore-Klassiker.