Viel mediales Getöse gab es damals um GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR, die mit den Medien und deren Zwängen nichts zu tun haben wollten und für ihre DIY-Haltung von Leuten gelobt wurden, die zügig arbeitslos wären, wenn mehr Musiker diesen Grundsätzen folgen würden. Punk war zum wiederholten Male im Mainstream verendet und GY!BE schienen musikalisch einen neuen Weg zu beschreiten und gleichzeitig die Anarchopunk-Ideale zu revitalisieren. Ein rein instrumentales Zusammenspiel von Rock, Noise, Ambient, Drone, behutsam ergänzt durch gelegentliche Sprach-Feldaufnahmen, das auf dem zweiten Album der Kanadier noch intensiver dargeboten wird. GY!BE kreuzen Grenzen in ihren melancholischen bis traurigen, verzweifelten bis wütenden Epen und die Band wurde dafür als stilbildend charakterisiert. Überhaupt hat sich zu GY!BE ein ganzer Berg an feuilletonistischen bis popjournalistischen Elogen angehäuft, die die zahlreichen Leerstellen (keine Lyrics, kaum Interviews, knappe Linernotes, skizzenhafte Bezüge zu zentralen linken Themen) durchaus fantasievoll zu füllen wussten. Eine Projektionsfläche, mit der nicht wenige auch einen Distinktionsgewinn verbanden: komplex, anspruchsvoll, definitiv kein simpler Punk. GY!BE selber kultivierten dazu einen Unsinn, der beim Progrock schon lächerlich war, unterteilten die rund zwanzigminütigen Songs anhand ihrer Motive noch einmal in Unterabschnitte, hui, anspruchsvoll, fast wie Klassik. Ob die Band so manche Informationsverweigerung nur als alternatives Marketing benutzte, vermag ich nicht zu beurteilen, jedenfalls offenbarte sich erneut das Dilemma, dass auch eine Verweigerungshaltung und radikale Positionierung problemlos von der Kulturindustrie verwertet werden können und als radical chic das Portfolio bereichern. Sicher hat all der Budenzauber zur Überhöhung des Albums beigetragen und der Einsatz von Rock-untypischen Instrumenten allein schon viele in Verzückung versetzt. Die lange Zeit nur angerissene politische Positionierung wurde von GY!BE in den folgenden Jahren dann etwas konkretisiert, wobei die musikalische Komplexität sich hier nicht fortsetzte und beim Thema Israel eine dämonisierende schwarzweiße Sichtweise offenbar wurde. Constellation Records, Keimzelle der Montrealer Szene, liefert seine Releases aus Boykottgründen mittlerweile nicht mehr nach Israel aus, die Band hat nie Widerspruch erhoben. Ein gutes Album, aus dem über die Jahre aber eine Menge heiße Luft entwichen ist und dessen politische Anleihen besser Leerstellen geblieben wären. Hat schon mal mehr Spaß gemacht.