108

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Tote Herzen schlagen wieder!

Nachdem sich 108 im Jahre 1996 erstmals aufgelöst hatten, erschien vor gut eineinhalb Jahren das erste neue Lebenszeichen in Form einer Compilation mit all ihren bisherigen Alben. Es folgte eine Europatour im Herbst 2006 und nun haben wir endlich einen kompletten Longplayer vorliegen. Die neue CD schlägt ein wie ein Orkan und da 108 heutzutage frischer und krachiger sind denn je, war es für mich unumgänglich, mit meinen alten Helden der 90er ein kleines Interview zu führen. Sänger Robert und Gitarrist Vic standen mir Rede und Antwort und in einem sehr informativen und kurzweiligen Gespräch.


Ihr habt die Band 1996 nach der Europa- und der US-Tour mehr oder weniger begraben. Was waren die Gründe für diese Entscheidung?

Robert: Es war einfach an der Zeit. Wir sind damals alle durch gewisse interne Veränderungen gegangen und 108 war damals mehr oder weniger unser Leben.

Vic: Es war wohl eher eine Verbrennung als eine Beerdigung der Band. Wir brauchten eine Pause. Jeder von uns hatte seine eigenen, persönlichen Ziele, um die man sich kümmern musste und die nicht mit der Band zusammengingen.


Was hat jeder von euch nach dem Ende von 108 gemacht?

Robert: Ich wurde Familienvater, hatte einen Job und war in der Band THE JUDAS FACTOR, mit der ich einige Alben machte. Aber am meisten beschäftigte ich mich mit all den Dingen, die mich verletzten und unglücklich machten.

Vic: Für einige Jahre half ich einer Schule in einem Hare Krishna-Tempel, ich heiratete, zog nach Kalifornien und wurde Vater von zwei kleinen Jungs.


Wie kam es denn zu dem Deal mit Deathwish Records? Wieso habt ihr nicht wieder mit Equal Vision Records zusammengearbeitet?

Vic: Equal Vision Records hatten kein Interesse, unsere Art von "Hellraising-Hardcore-Zerstörung" zu promoten. Deathwish hingegen schon.

Robert: Es fühlte sich halt richtig an. Wir wollten mit 108 eben keine nostalgische Reise antreten, sondern wollten mit der Band heute leben und auch an eine Zukunft denken. Als wir uns entschlossen, wieder eine Band zu sein, schrieb jeder von uns fünf Labels auf, mit denen er gern arbeiten würde, und Deathwish stand bei allen ganz oben. Wir schickten ihnen also unser Demo und der Rest ist Geschichte. Es war definitiv ein großer Schritt für uns.


Ihr habt das neue Album zusammen mit Kurt Balou aufgenommen. Wie verlief die Arbeit mit ihm? Gibt es da Unterschiede zu euren bisherigen Aufnahme-Sessions?

Robert: Nun, da wir alle in verschiedenen Ecken der USA wohnen, war es nicht wirklich so, dass wir ein Studio besuchten und die Songs ausarbeiteten. Wir hatten uns zuvor vielleicht zweimal im laufenden Jahr gesehen, um an neuem Material zu arbeiten und um Shows zu spielen. Der größte Teil des Albums entstand eher durch das Zusenden von mp3s und Tapes. Als wir dann ins Studio gingen, hatten wir in etwa 16 Songs und verbrachten die ersten sechs Tage mit dem Arrangieren und Aufnehmen der Songs. Es war also schon anders als sonst. Es war auch das erste Mal, dass wir mit Kurt zusammengearbeitet haben. 108 nimmt das Meiste immer gern live auf, doch Kurt ist diese Vorgehensweise nicht gewohnt und somit mussten wir auch erst einmal auf einen Nenner kommen, der für alle Sinn ergibt. Aber es war großartig und ich freue mich schon jetzt auf eine weitere Zusammenarbeit.


Wenn ich die neue CD mit euren alten Platten vergleiche, stelle ich eine starke Entwicklung fest, auch bezüglich eures Sounds. Wie kommt das? Ich meine, ihr wart seit 1996 inaktiv, wie kommt dann so ein großer Schritt zustande?

Vic: Warum sollte das nicht so sein? Manchmal, wenn ich eine Weile keine Gitarre gespielt habe und wieder anfange, spiele ich besser als vorher. Ich glaube, dass das Unterbewusstsein und die "Überseele" im Hintergrund weiter gearbeitet haben, jenseits des eigentlichen Bewusstseins.

Robert: Ich denke, es ist normal für uns zusammenzuspielen. Das Interessante an der Sache ist, dass diese Platte diejenige ist, an der wir alle am meisten zusammengearbeitet haben. Vorher hatte Vic meist 95 Prozent der Songs geschrieben und Triv und ich haben nur noch ein paar Dinge ergänzt oder verändert. Diesmal gab es keinen primären Songwriter. Auch textlich war es viel mehr eine Gemeinschaftsarbeit. Vielleicht sind das auch schon die zwei Dinge, die das Album so weit fortgeschritten erscheinen lässt.


Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Titel eurer neuen CD und eurer "Wiederauferstehung"? Wolltet ihr mit dem Titel "A New Beat From A Dead Heart" vielleicht euer "Comeback" umschreiben oder was steckt dahinter?

Robert: Ich denke, das kann man ruhig so sagen. Es ist ein Teil des Textes von "The sad truth" und wir dachten uns halt, dass das die Platte und die Tatsache, dass wir wieder eine Band sind, gut umschreibt.


Wie sieht es mit euren Texten auf dem Album aus? Worum geht es da und was sind eure Botschaften?

Robert: Also die ersten beiden Songs berühren schon eindeutig die Themen Geistlichkeit und Religion. Dann gibt es Lieder, die auf eine Art politisch oder auch sozial-kritisch sind, andere wiederum behandeln unsere Gefühle und die Erfahrungen mit der Welt, in der wir leben.

Vic: "300 liars" wurde von der Frage inspiriert, wie es als Individuum in einer Szene ist und wie man mit all dem Druck und der Konformität zu kämpfen hat, und das in der so genannten Alternative- oder auch Punk-Szene.


Ist der Bezug zu Krishna heutzutage immer noch derselbe wie damals, sei es nun persönlich oder in euren Texten?

Robert: Nun, die Musik ist einer Art Erweiterung dessen, was uns inspiriert, und dem, was wir sein möchten. Von daher findet unsere Spiritualität auf jeden Fall ihren Weg in unsere Musik. Wie dem auch sei, wir unterstützen keinerlei religiöse Doktrin oder Bewegung. Aber wir haben ähnliche Inspirationen und Einflüsse, die alle ihren Weg in unsere Musik finden.

Vic: Nichts soll so bleiben, wie es ist, und nichts soll sich ändern. Wie klingt das? Wie essentiellen Dinge sollen unverändert bleiben und die peripheren Dinge sollten sich entwickeln und verändern. Das ist das, was auch passiert ist, und somit geht's uns allen gut.


Wie wichtig ist 108 für euch heute, verglichen zu damals? Seht ihr die Band heute mit anderen Augen? Ich meine Touren, Aufnahmen und Songs schreiben, das beansprucht eine Menge Zeit. Habt ihr alle noch die gleichen Ambitionen oder seht ihr 108 eher nüchtern, weil ihr vielleicht Familie und Jobs habt?

Vic: Ich sehe es weniger nüchtern, denn es ist einfach viel intensiver, wichtiger und wilder, solch eine Sache durchzuziehen, als ein reguläres, normales Erwachsenenleben zu führen.

Robert: Ich würde sagen, dass es heutzutage viel essentieller für mich ist als früher, denn damals habe ich vielleicht vieles für gegeben gehalten, und heute weiß ich genau, was es mir bedeutet und was es mir gibt.