BREACH sind keine leicht verdauliche Band. Über zwei Jahre nach "Venom"erscheint mit "Kollapse"ein mehr als würdiger Nachfolger, der sich durch Mut zum Experiment auszeichnet. Die nächste Evolutionsstufe ist erreicht.
Als BREACH 1995 mit "Friction"ihr Debütalbum veröffentlichten, konnte man noch von einer geradlinigen, metallischen Hardcore-Band sprechen, deren Wurzeln klar in der gerade aufsprießenden Hardcore-Szene Schwedens verankert waren. Doch schon mit dem Zweitwerk "It´s Me God"(1997) änderte sich die musikalische Ausrichtung der Skandinavier, die sich fortan in wesentlich schwerer zugängliche Gefilde entwickelten, und zwar in Richtung Noise-Rock und experimentellen Metal. Das hoch gelobte "Venom“-Album (2000) verstärkte diesen Eindruck noch, und auch "Kollapse"fällt nicht gerade in die Kategorie Easy Listening. "Fast die Hälfte des neuen Albums besteht aus reinen Instrumental-Tracks“, sagt Sänger Tomas Hallbom über den vierten Longplayer. "Es ist das erste Mal, dass wir mit Instrumentalmusik experimentiert haben. Manche Lieder brauchen keinen Gesang – der würde nur stören."
Eine bewusste Kurskorrektur also? "Nein, das ist einfach so passiert. Es gibt keine Richtlinien, wenn wir Songs schreiben. Wir machen ganz einfach das, was wir wollen. Das einzige Kriterium ist, dass es uns gefällt."Wenn es bei den Schweden eine Regel gibt, dann diese: Nichts ist unmöglich, nichts ist verboten. "Klar, wie würdest du dir sonst erklären, dass es damals auf dem "Venom“-Album mit "Diablo"einen reinen Dance-Track gab?“, erwidert er. Mit konventioneller Dance-Musik hat "Kollapse"aber rein gar nichts zu tun – im Gegenteil sogar. Denn mit sperriger, ausufernder, düsterer Gitarrenmusik mit kreischendem Gesang, die gelegentlich an NEUROSIS & Co. erinnern, kann man wohl kaum irgendwelche noch so toleranten Dancefloor-Jünger begeistern. "NEUROSIS sind auch ein nicht zu leugnender Einfluss“, sagt der Schwede. "Dennoch bin ich nicht der Meinung, dass wir stark nach NEUROSIS klingen, da wir uns eine ganz eigene musikalische Nische geschaffen haben."
Eine verdammt düstere Nische, wie nicht nur ich meine. Die Plattenfirma, Schwedens Punkrock- und Hardcore-Gigant Burning Heart, geht sogar noch einen Schritt weiter und schreibt etwas von der perfekten Musik für Horrorfilme. "Kann schon sein“, lacht Tomas. "Gerade die Instrumental-Tracks würden sich für so etwas mit ihrer beklemmenden Atmosphäre bestimmt gut eignen. Wir haben sogar schon mal einen Soundtrack für einen schwedischen Horrorfilm geschrieben, aber der wurde leider nie veröffentlicht."Apropos Horror: Es gibt einige Dinge, die dem Frontmann von BREACH wirklich Schauer über den Rücken jagen: Flugzeuge zum Beispiel. Auf dem grauen Cover von "Kollapse"ist eines abgebildet, das dann auf der Rückseite der CD prompt auf einen Berg stürzt, worin man die verschiedensten Dinge interpretieren kann. Flugangst? Oder gar eine Anspielung auf die Ereignisse des 11. Septembers? "Das hat mit den Terroranschlägen in Amerika rein gar nichts zu tun“, erklärt mein Gesprächspartner. "Ich habe bloß panische Angst vorm Fliegen. Viele meiner Texte beschäftigen sich mit Flugzeugen und Flugangst. Auf der einen Seite habe ich Angst vor Flugzeugen, auf der anderen Seite finde ich sie aber auch faszinierend und ausgesprochen ästhetisch. Es macht mich halt nur verrückt, beim Fliegen so hilflos ausgeliefert zu sein – das ist ein echt grauenhaftes Gefühl für mich."Wer kennt es nicht, das Gefühl des Ausgeliefertseins. Ein mulmiges Gefühl in der Magengegend kommt bei Tomas auch auf, wenn er an die anstehenden Livekonzerte denkt, mit denen die neue Platte promotet werden soll. "Wir haben seit fast zwei Jahren nicht mehr live gespielt. Das letzte Mal war auf der Flying High Across The Sky-Tour mit den SUICIDAL TENDENCIES und noch ein paar anderen Bands. Wir haben Lust zu spielen, aber wir sind ein bisschen aus der Übung. Ich bin jetzt schon nervös."
Immer brav eine Kotztüte und Beruhigungspillen bei sich tragen, dann wird das schon...
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