Was fällt einem ein, wenn man an das Jahr 1987 denkt? Honeckers Besuch bei Helmut Kohl? Vielleicht, doch rein musikalisch gesehen, ist es schon komplexer. Zu Beginn des Jahres stürmten immerhin die BANGLES die Charts, doch geprägt hat das Jahr auch ein gewisser Rick Astley, der Niedergang der Popmusik begann damit unumkehrbar. In unseren Genres gründeten sich ALL, BOUNCING SOULS und OPERATION IVY, während hierzulande DIE TOTEN HOSEN deutsche Schlager punktauglich brüllten. Doch noch eine Band aus unseren Gefilden gründete sich – die BUSTERS! Wir wollten von Drummer Stefan Breuer wissen, wie sich das anfühlt, in Sachen tanzintensive Musik mit Hitcharakter so lange am Start zu sein.
Stefan, seid ihr glücklich über die Gabe der eigenen Verlässlichkeit, so dass ihr zum Jubiläum ein Live-Album auf den Markt geworfen habt?
Na klar sind wir glücklich! Im BUSTERS-Kosmos hat jeder seinen Platz. Wie bei einer gut geölten Maschine greift ein Rädchen ins andere. Dass wir uns gegenseitig so gut ergänzen, ist wirklich ein Glücksfall. Es fühlt sich klasse an. Aber nicht wie dreißig Jahre. Es ist schon ein Luxus, eine so lange Zeit damit zu verbringen, mit so guten Musikern etwas auf den Weg bringen zu dürfen, Energie rauszuschicken. Und dann wird unser Jubiläums-Album auch noch von führenden deutschen Musikmagazinen gelobt! Ursprünglich wollten wir ja ein Buch, einen Film, ein Studioalbum und eine Doku-Soap machen. Gut, dass sich der Typ, der die Live-Platte wollte, durchgesetzt hat.
Macht sich die Band selbst noch ein spezielles Geschenk zum Jubiläum, ist etwa ein Buch in Planung?
Ich finde Typen, die mit dreißig ihre Memoiren schreiben komisch. Ich konnte mich mit dreißig nicht an so viel erinnern ... Das ist ja wie ein Bambi fürs Lebenswerk mit zwanzig. Wir haben beschlossen, zum Geburtstag die Suche nach dem besten Ska-Song aller Zeiten zu intensivieren. Zusätzlich zum Jubiläumsalbum.
Verorten wir euch einmal geografisch: Wiesloch, Provinz, was war da damals los und heute? Wart ihr schlicht selbst die Ska- und Underground-Szene?
In den Achtzigern gab es in Wiesloch überdurchschnittlich viele Bands. Die Einflüsse aus England waren sehr stark, Fifties, Sixties, Rockabilly, Soul, Wave. Gemeinsam hatten diese sehr energetischen Bands, dass überall jemand dabei war, der später bei den BUSTERS spielen sollte. So gesehen waren die BUSTERS der Kristallisationspunkt der wildesten Typen Wieslochs. Heute geht alles mehr Richtung Unplugged-Biedermeier.
Als ihr eure erste Scheibe herausbrachtet, nämlich 1989, war das Land bald im Umbruch und eine merkwürdige Stimmung in Richtung rechts begann aufzukeimen. Habt ihr Probleme mit Rechten auf Konzerten erlebt?
Wir spielten eine Show mit SELECTER, zu der eine Menge Rechter angereist waren. SELECTER fanden sie gut, Pauline Blacks Ansagen wurden jedoch mit „Shut up and sing“ quittiert. Die BUSTERS wurden ausgebuht. Bei einer anderen Gelegenheit wurde Rob wegen seines pakistanischen Aussehens dumm angemacht. Nach einem Gig in Bielefeld stand eine Horde Rechter vor der Bühne und wollte sich aussprechen ... Unsere Reaktion war: Ska Against Racism, mehr Jazzelemente, höhere Ticketpreise. Hat funktioniert.
Wie ging das seinerzeit vonstatten? Weserlabel, erste CD, war man da total euphorisch oder auch ein bisschen besorgt, wie das wohl einschlagen würde?
Ein Plattendeal klang erst mal nach jeder Menge Party. Dass man sich mit 18 Jahren Sorgen um die Karriere machte, war damals nicht so verbreitet. Einige in der Band hatten schon, bevor es die BUSTERS gab, das Berufs- oder besser Lebensführungsziel „Musiker“, was eine gewisse musikalische Vorbildung mit sich brachte. Für die war es natürlich toll, das erlernte Handwerk mit etwas zu verbinden, womit sie sich wirklich identifizierten. Der kleinere Teil der Band bestand aus Musikliebhabern, für die das, was da gerade passierte, schon mehr war, als man sich aus damaliger Sicht erhoffen konnte.
In den Achtziger Jahren hattet ihr, habe ich mal gehört, eine Fehde mit den BUTLERS aus Berlin, einer anderen Ska-Band. Was ist da dran?
Davon weiß ich leider nichts, auch eine Telefonumfrage bei Bandkollegen hat nichts ergeben. 1998 hat Farin Urlaub wohl für eine Tour als Support „die BUSTERS, so ’ne Ska-Band“ vorgeschlagen. Bela hat aber BUTLERS verstanden. So kam es, dass wir die erste Hälfte der DIE ÄRZTE-Tour gespielt haben und die BUTLERS die zweite.
Wie schon erwähnt, sind Live-Platten – siehe auch die tolle DVD „Konzert für die Ewigkeit“ – euer Ding. War die „Live In Montreux“-Scheibe von 1995 so etwas wie die Eintrittskarte in die weite Welt der Musik, brachte sie den internationalen Durchbruch?
„Live In Montreux“ war erst mal für uns gewaltig! Wir durften in den heiligen Hallen spielen! Dann gab’s einen Sony-Deal, uns haben mehr Leute gekannt als vorher, das stimmt. Dass wir international bekannt sind, hängt sicher mit mehreren Ereignissen zusammen, von denen Montreux nicht das unwichtigste war.
Gab es irgendeinen handfesten Grund oder eine Zeit, wo es schlecht bestellt war um die Band, wo man ans Aufhören dachte?
Es hätte manchmal einfacher sein dürfen, aber es gab nie die Option, alles hinzuschmeißen. Wer sich für ein Erwachsenenleben entschieden hat und ausgestiegen ist, hat das aus beruflichen oder familiären Gründen getan. Und wer dazugekommen ist, hat in kürzester Zeit die BUSTERS-DNA übernommen.
Ihr seid ja als SCHRAMME 11 noch in anderer Mission unterwegs, was unterstreicht, dass euer Verhältnis intern wirklich enorm gut sein muss ... Gab es auch Kritik?
Das ist es in der Tat und es ist eine Bereicherung, dass wir uns durch einen anderen Kontext sowohl künstlerisch als auch persönlich nochmal neu kennen lernen konnten. Kritik von außen gab es ganz vereinzelt. Bandintern gab’s auch Kritik, wenn ein Song nicht gut war. Das ist Teil des künstlerischen Prozesses.
Ab wann wurde euch bewusst, dass ihr jetzt im Grunde – auch durch das eigene Label – eine Firma seid?
Das war seit dem ersten Gesellschaftsvertrag 1987 klar. Aber nur, um die ganze Party zu organisieren. Das muss man sich nicht als Zäsur vorstellen, die einen die Unschuld kostet. Es ist ganz einfach: Du hältst deine Rechte und Pflichten fest, formulierst dein Ziel und unterschreibst, wenn es dem entspricht, was du dir vorstellst. Man ändert ja nicht alle zwei Wochen seine Meinung. Ab dem Moment, wo eine Plattenfirma, eine Tour und das Finanzamt im Spiel sind, hast du keine andere Möglichkeit. Es sei denn, du spielst als Sideman für jemanden. Das kennt jeder Musiker und auch die daraus oft resultierende Frustration. Es gibt nichts Besseres, als das zu sein, was man macht. Wir sind alle stolz darauf, dass es bei den BUSTERS genau so ist, dass „wir“ eine Firma sind, die Ska spielt. Und nicht wir bei einer „Firma“, die Ska spielt.
Was, denkst du, habt ihr mit eurer Musik, eurem dreißigjährigen Schaffen bewirkt?
Wir haben die Welt an manchen Orten für circa zwei Stunden etwas schöner gemacht. Wir sind Teil einer Kultur, die es ohne Bands wie uns nicht mehr gäbe. Und wir haben, als Einzelpersonen und als Band für einen Austausch positiver Energie zwischen sehr vielen, sehr unterschiedlichen Menschen gesorgt. Vielleicht haben wir den Ska etwas schneller gemacht ...
Und der Musikgeschmack in der Band – traditioneller Ska, oder geht es auch in die Punk-Ecke? Ska-Punk war für euch musikalisch ja nie eine Alternative. Seid ihr im Nachhinein sogar glücklich, nicht auf diesen Zug aufgesprungen zu sein?
Es gibt nach wie vor verschiedene Einflüsse. Um nur einige, die im Bereich Ska liegen aufzuzählen, wären da Traditional Ska und 2Tone, wobei letzteres für mich immer der eigentliche Ska-Punk bleibt. Da hat sich zum ersten Mal Ska mit Punk gemischt. Natürlich gibt es bei uns auch rockigere Stücke, aber auf einen Zug aufspringen? Das war nie was für uns und das hätte man uns auch nicht geglaubt.
Ist es für euch live recht einfach auch die ganz alten Songs zu spielen, weil sich der poppige, tanzbare Sound nie wirklich verändert hat?
Wenn wir heute die ganz, ganz alten Songs spielen, begeistert uns oft die erfrischende Naivität. Bei den ganz alten fragen wir uns oft, wie man auf diese verrückten Ideen kommen konnte. Bei den mittelalten kommt noch dazu, dass manche echt virtuos gespielt sind. Im Grunde genießen wir, dass es einfacher ist, die ganz alten Songs perfekter zu spielen, weil sich unser Sound nicht verändert hat.
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