ZUM GLÜCK GAB ES PUNK

Ute Wieners

Ute Wieners schafft in ihrem Buch etwas, was ich bei vielen Büchern aus der Sparte „Damals“ vermisse: Sie sehnt sich nicht konsequent zurück. Ohne ein „Früher war alles besser“ erzählt sie von den Achtzigern in Hannover, von ihrer Zeit als Punkerin.

Wie der Titel schon vermuten lässt, war es der Punk, der sie „gerettet“ hat. Gerettet aus einer trostlosen Kindheit voller Hänseleien und in einem Familienleben, das es mehr oder minder gar nicht gab.

Gerade hier wird klar, dass Ute Wieners ein großes Schreibtalent hat, denn die Kapitel über ihre Kindheit zu lesen tut richtig weh, allein wegen ihres Pragmatismus, mit dem sie das Elend beschreibt.

Dann aber wurde sie Punk und fand damit einen Ort, an dem sie sich endlich zugehörig fühlte – zumindest vorerst. In vielen zum Teil recht sprunghaften Kapiteln und Episoden schildert Ute Wieners die Szene, erzählt von den Chaostagen in Hannover, von den Hausbesetzungen in Berlin und der Gründung der APPD.

Diesen Teil zu lesen macht Spaß, weil Wieners einen guten Blick fürs Detail und die Eigenheiten der vielen Menschen hat, denen sie begegnet ist. Auch die Zustände in der Szene deckt sie auf; nicht gerade zimperlich rechnet sie mit dem Macho-Gehabe der Punks ab und auch das System um sie herum, in dem eine geschiedene Frau wie ihre Mutter Schwierigkeiten hatte zurechtzukommen, bekommt sein Fett weg.

„Zum Glück gab es Punk“ ist lesenswert, weil Wieners ohne Beweihräucherung schreibt und auch mit ihrer eigenen Einstellung und ihrem Verhalten reflektiert und kritisch umgeht. Die Frage, was Punk überhaupt bedeutet, kommt immer wieder auf und es zeigt sich, dass dies in den Achtzigern nicht einfacher zu beantworten war als heute.