Die Existenz des Yeti – ein behaartes Fabelwesen des Himalaya, das zwei bis drei Meter groß sein soll – ist ähnlich umstritten und unbelegt wie die von fliegenden Untertassen. Der Yeti tauchte schon häufig in Horrorfilmen auf, erlangte dabei aber nie den Status anderer klassischer Filmmonster, auch wenn die britischen Hammer-Studios 1958 mit „Yeti, der Schneemensch“ einen sehr sehenswerten, aber fürs damalige Publikum wohl zu subtilen Beitrag zum Thema lieferten. Von Subtilität kann bei „Yeti – Der Schneemensch kommt“ von Gianfranco Parolini wirklich nicht die Rede sein, der auch einige Teile der „Kommissar-X“-Reihe mit Tony Kendall drehte oder den sehr guten Italowestern „Sabata“ mit Lee van Cleef. Parolinis „Yeti“ war hierzulande nur in geschnittener Form auf Video und im Kino zu sehen, Anfang des Jahres erschien er ungeschnitten auf Blu-ray und DVD im Mediabook in guter Qualität und mit reichlich Extras versehen. Jetzt gibt es auch noch mal eine stark abgespeckte Einzel-DVD, die aber zumindest das schöne Featurette enthält, in dem Jörg M. Jedner vom Filmclub Buio Omega über sein besonderes Verhältnis zum italienischen Darsteller Tony Kendall aus „Yeti“ berichtet. Parolinis Film entstand ein Jahr nach dem von Dino De Laurentiis produzierten wundervoll trashigen „King Kong“-Remake von 1976, und so erklärt sich auch, warum der aufgetaute und liebestolle Yeti, dessen Fönfrisur jede Hair Metal-Band neidisch machen würde, plötzlich riesengroß ist und der hübschen Antonella Interlenghi aus „Ein Zombie hing am Glockenseil“ schöne Augen macht. Eigentlich handelt es sich hier um völlig indiskutablen, mit primitiver Tricktechnik umgesetzten Italo-Trash, der aber einen erstaunlichen Unterhaltungswert besitzt und selbst vor der dreisten Verwurstung von Carl Orffs „Carmina Burana“ beim Soundtrack nicht zurückschreckt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #162 Juni/Juli 2022 und Thomas Kerpen