Bei Allmusic heißt es recht lapidar: „WOO ist das nicht kategorisierbare Projekt der englischen Brüder Clive und Mark Ives.“ Das lässt sich natürlich über viele Bands im eher experimentellen Sektor sagen, aber bei WOO ist das eine auf jeden Fall passende Umschreibung für die wirklich eigenartige, überwiegend instrumentale Mischung aus Samples, Drumcomputer und Akustikgitarren, neben anderen Instrumenten, aus der sich eine Art Ambient-Ethno-Jazz entwickelt, der mal sehr entspannt, aber auch enervierend disharmonisch daherkommt. Der erinnert mich ein wenig an CLUSTER (neben anderen eher elektronisch ausgerichteten Krautrockbands) oder auch an einen Synthesizer-Pionier wie Mort Garson und sein wundervolles Album „Mother Earth’s Plantasia“ aus dem Jahr 1976, dessen „warm earth music for plants ... and the people that love them“ tatsächlich dafür gedacht gewesen sein soll, das Pflanzenwachstum anzuregen. Und so sollte das, was die Brüder Ives seit Anfang der Siebziger Jahre in einem kleinen Reihenhaus in Wimbledon im Süden Londons schufen, der Meditation, Entspannung und Heilung dienen, weswegen sie auch oft in der schrecklichen Schublade New Age landeten. Während aber New Age meist akustischem Stoßlüften und dem Aufdrehen des Wasserhahns gleicht, sind die verschrobenen Klangwelten von WOO deutlich vielschichtiger und vor allem abwechslungsreicher. Man könnte teilweise fast von Synthpop sprechen, aber mehr im Sinne von RESIDENTS als DEPECHE MODE. „Xylophonics“ und „Robot X“ sind eher Spätwerke im Schaffen der Brüder Ives und stammen ursprünglich von 2017 und 2016, wobei die Basis beider Alben zum Teil schon aus den Achtziger und Neunziger Jahren stammt. Beide Platten (im Doppelpack) sind jetzt das erste Mal auf LP und CD erhältlich (in wie bei Independent Project gewohnt sehr schöner Aufmachung) und stellen eine immer wieder überraschende Entdeckungsreise – „a journey into experimental retro-futuristic electronica“, wie es von Labelseite aus heißt – in sehr eigenwillige und facettenreiche Klangwelten dar.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #173 April/Mai 2024 und Thomas Kerpen