WILL WORK FOR DRUGS

Lydia Lunch

Die Welt von Lydia Lunch ist ein dunkler, tiefer und schmutziger Abgrund. Zumindest war das früher der Fall, speziell in der Phase ihrer Sozialisation in der No-Wave-Bewegung in New York in den Achtziger Jahren und später auch im Rahmen ihrer bizarren Videoprojekte.

Lydia Lunch hatte stets das Bedürfnis zurückzuschlagen, nicht nur gegen die geballte Faust des Vaters, aller Väter, den Vätern des gesamten Landes und Gott, den Vater, den Motherfucker (um in ihrer Diktion zu bleiben) schlechthin, sondern auch, in einer perversen Umkehrung der Rollen, gegen sich selbst.

Dieses Verständnis schließt die detailverliebte Schilderung der unappetitlichen Seite der Gesellschaft mit ein, in der die Dämonen mit ihren Fantasien herrschen. „Release the bats“ ist ihre Devise.

Lydia Lunch zerrt diese Dämonen quasi ans Licht, um ihre Schreckensherrschaft zu brechen. Dieses stürmische Logbuch des beschädigten Lebens berichtet in Form von biografischen (auch über den früh verstorbenen Drummer Bradly Fields von TEENAGE JESUS & THE JERKS) und autobiografischen Skizzen, Short Storys und Interviews (u.a.

mit Hubert Selby Jr.) also von den „Junkies, den Drogensüchtigen, den Sexmonstern, den saufenden Verlierern, Dieben, Nutten, Social Drop-outs und Knalltüten, all den Unangepassten, die nirgendwo hingehören wollen“ – mithin den ewigen Konstanten im Leben von Lydia Lunch, die sie so nahe an William S.

Burroughs heranrücken. Lydia Lunch ist eine Art New Yorker Stadtschreiberin, eine Dokumentaristin mit exzellentem Gespür für kranke Details und Effekte, um eine Spur in der Geschichte zu hinterlassen, so wie die Geschichte ihre Spuren in ihr hinterlassen hat: tiefe Spuren.