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WIE AUS MIR KEIN TÄNZER WURDE

Kent Nielsen

Eigenlob stinkt? – Manchmal! Ja, Joachim Hiller ist nicht ganz unbeteiligt an der Realisierung des hier vorzustellenden Buches. Das soll gar nicht verschwiegen werden. Aber es gibt eben Bücher, die fesseln einen ab der ersten Seite so sehr, dass man sie fast an einem Stück zu Ende liest und hinterher einfach nichts zu mäkeln hat.

Kent Nielsens Autobiografie ist so ein Buch. Nielsen, Jahrgang 1965, gehört bis zu seinem Umzug nach Lübeck in den späten Achtziger Jahren zu den prägenden Akteuren der dänischen Punk-Szene.

Alten Ox-Leser*innen dürfte er als charismatischer Sänger von LEBEN UND LEBEN LASSEN (L.U.L.L.) bekannt sein. Nielsen erzählt mit der Unbekümmertheit eines Schriftsteller-Novizen auf berührende Weise anekdotisch, informativ und reflektiert von seinem Leben und Wirken in Dänemark und bietet damit zugleich eine faktenreiche und sprachlich elegante Einführung in die dänische Punk- und Hardcore-Geschichte und den Werdegang der Protagonist*innen seit ihrer Entstehung, mit den Hotspots Århus, Kopenhagen und Odense.

Über weite Strecken liest sich das Buch wie eine additiv-chronologische Konzert- und Plattenbesprechung oder kommentierte Playlist persönlicher Lieblingslieder. Charmant, humorvoll und unprätentiös berichtet Nielsen von Generationskonflikten in der Familie sowie von den Freuden und Risiken des Erwachsenwerdens in der Großstadt, wo er seinerzeit alkoholabhängig und häufig obdachlos um eine bessere Zukunft kämpfte – für sich und die Welt, deren Erwartungen an ihn zu erfüllen er sich mal nachvollziehbar, mal stoisch weigerte.

Und Nielsen gewinnt den Kampf. Zumindest den Kampf gegen sich selbst.