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WENN DIE NACHT AM TIEFSTEN

Vom 10. Juni bis 4. Juli 2021 wurde in Berlin im Kreuzberger Kunstquartier Bethanien mit der Ausstellung „Wenn die Nacht am tiefsten – Ton Steine Scherben in ihrer Zeit“ fünfzig Jahren TON STEINE SCHERBEN ... gedacht? Oder besser: Wurde eine Band gefeiert, die wie keine andere für das widerständige, linke, alternative Berlin stand, das sich damals, Anfang der Siebziger gerade erst entwickelte in der kalten, kohlestinkigen, kaputten unsexy Mauerstadt. 1967/68 hatte das alles angefangen, Benno Ohnesorg, Rudi Dutschke und die Student:innebewegung versus Axel Springer und seine dreckige Hetzpresse. In den USA in Detroit lieferten MC5 den Rock’n’Roll zum Widerstand, in Berlin entwickelten sich TON STEINE SCHERBEN mit schlagkräftigen Slogans wie „Keine Macht für niemand“ und „Macht kaputt was euch kaputt macht“ zu einer Keimzelle von Punk. Diese Ausstellung, die als Wanderausstellung weiterlebt und vom Land Berlin gefördert wurde (weshalb Kultursenator Lederer auch mit einem großen Foto in diesem Katalog verewigt wurde), spannt den Bogen vom zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau zu Kommune 1, den Anfängen der RAF zum sozialen Kontext des abgerockten Stadtteils Kreuzberg, dem Rauchhaus, den Anfängen der „Scherben“ und ihrem Werdegang bis zur Auflösung 1985 sowie Rio Reisers Solokarriere bis zu seinem Tod 1996 und deren Revival – die peinlichen Rechtstreitigkeiten werden geflissentlich ausgeblendet. Ein spannender Bildband in annähernd LP-Album-Format mit stark wirkenden, oft ganzseitigen Fotos und wirklich guten, ausführlichen Begleittexten. Die komplexe Aufgabe, die Geschichte einer Band gut kontextualisiert darzustellen, ist bestens gelungen.