Mittlerweile dürften JOYSIDE wohl die bekannteste Punkband Chinas sein - zumindest im Westen. Unlängst erst waren sie eine der im deutschen Dokumentarfilm "Beijing Bubbles" gefeatureten Bands, jetzt ist der vom US-Amerikaner Kevin Fritz gedrehte Film "Wasted Orient" auf DVD erschienen, der sich ausschließlich dem aus Peking stammenden Quartett widmet.
Entstanden ist ein ungeschminkter Punkrock-Film, der die Band in ihrem Pekinger Alltag und auf Tour durch das Riesenland zeigt (per Zug, nicht mit dem Auto) und nach dessen Betrachten man weiß: Auch in China muss ein echter Punkrocker immer eine Flasche Bier oder Schnaps in der Hand halten, sowie: Punk ist überall gleich.
Die Probleme mit den Eltern, die nicht verstehen wollen, weshalb man sein Leben einfach so hinschmeißt, die misstrauisch auf Optik und Lebensstil reagierende Umwelt, und eine Gesellschaft - im Westen eher in den Fünfzigern und Sechzigern ein Problem, in China noch heute -, die mit Rock'n'Roll nichts anzufangen weiß.
Interessant zu sehen und zu hören, dass Punks weltweit und offensichtlich völlig unabhängig vom kulturellen Hintergrund alle gleich ticken - das ist die wahre Internationale. JOYSIDE, so suggeriert es der Film, sind von ihrem Tun völlig überzeugte Untergrundkämpfer, die Johnny Thunders verehren, optisch ihren westlichen Vorbildern in nichts nachstehen, in wirklich jeder Szene mit Alkohol zu sehen sind, die auf Tour den gleichen Quatsch machen wie jede andere Band auch, und die sich nach 2.000 Kilometern Bahnfahrt nicht von zehn zahlenden Besuchern entmutigen lässt.
Ein Film aber auch, der Peking und China jede Exotik nimmt, denn hey, da ist es auch nicht anders als in San Francisco, London oder Berlin-Kreuzberg, wenn man kein Geld hat und irgendwie über die Runden kommen muss.
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #76 Februar/März 2008 und Joachim Hiller