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WALHALLA RISING

Die bisherigen Filme des Dänen Nicolas Winding Refn sind vielleicht nicht unbedingt formvollendete Meisterwerke gewesen, aber irgendwie hat sich der Regisseur, der seine Karriere 1996 mit dem grimmigen Gangsterdrama PUSHER begann, dem zwei ebenfalls gelungene Fortsetzungen folgten, immer eine sympathische Unangepasstheit bewahrt.

Das konnte man auch bei seinem letzten Film BRONSON sehen, einem eigenwilligen Biopic, wenn man es denn so bezeichnen will. Und auch WALHALLA RISING beziehungsweise VALHALLA RISING (nicht gerade sinnig, in einem Titel mit zwei englischen Worten nur das erste einzudeutschen ...) dürfte das Publikum spalten, denn diese metaphysische Verarbeitung eines Wikingerfilms mit seiner mythologischen und religiösen Symbolik hat doch mehr mit Alejandro Jodorowskys HOLY MOUNTAIN oder EL TOPO als zeitgenössischem Actionkino zu tun.

Ein erstaunlich wortloses Werk, das seine Intensität und Atmosphäre vor allem aus den traumhaften Bildern von Kameramann Morten Søborg zieht, der mit Refn bereits bei der PUSHER-Trilogie zusammengearbeitet hatte, und dem fantastischen Drone-Metal-Score von Peter Peter und Peter Kyed, der ärgerlicherweise bisher nicht auf CD veröffentlicht wurde.

Mads Mikkelsen, der inzwischen ja in Hollywood angekommen ist, spielt darin eindrucksvoll einen einäugigen stummen Normannen, mehr Naturgewalt oder Gott als normaler Mensch, der sich nach seiner Flucht aus der Gefangenschaft im Jahr 1.000 n.

Chr. einer Gruppe blutrünstiger Wikinger christlicher Prägung auf ihrem Kreuzzug und ihrer Suche nach dem geheiligten Land anschließt, die sie bis nach Nordamerika führt. Eine bizarre, beinahe surreale und brutale Odyssee einiger Männer in die Hölle, die fast schon an APOCALYPSE NOW erinnert, bei der die Gruppe, ohne echte Antworten auf Fragen zu der sie umgebenden Welt zu bekommen, immer weiter dezimiert wird, bis sie schließlich ihre eigentliche Bestimmung findet.

Ein Film, der ohne die üblichen Klischees auskommt, die man ansonsten mit Normannen und Wikingern verbindet (also große blonde Männer mit albernen Helmen), und den man mehr erfährt als konsumiert.

Ein echter visueller Hochgenuss ohne jeglichen Mainstream-Appeal, bei dem Refn für seinen ungeschönten Realismus und das Abdriften aller Beteiligten in den Irrsinn eine mitreißende Bildsprache findet.

Bei einem Großteil des Publikums wird VALHALLA RISING sicher einige riesige Fragezeichen hinterlassen, nicht ganz zu Unrecht. Und auch, wenn mir ansonsten aufdringlich prätentiöser Kunstfilmquark völlig zuwider ist, muss ich Refn trotz seiner etwas kryptischen Botschaften zugute halten, dass ihm hier ein ungemein kraftvoller und beeindruckender Eintrag in seine bisherige Filmografie gelungen ist.

Seit Anfang November auf DVD erhältlich, mit einer überschaubaren Anzahl an Extras wie Interviews mit Mads Mikkelsen und Nicolas Winding Refn und Audiokommentar des Regisseurs.