Foto

VORTEX

Aufgrund seiner expliziten Darstellungen von Sex und Gewalt genießt der in Argentinien geborene, französische Regisseur Gaspar Noé einen Ruf als Skandalfilmemacher, erwies sich mit seinen Tabubrüchen in meinen Augen aber als penetranter Blender, der dadurch nur die Gehaltlosigkeit seiner Werke zu kaschieren versuchte. Dabei ging seine Karriere 1998 mit „Menschenfeind“ („Seul contre tous“) vielversprechend los. Sein späterer Film „Love“ von 2015 war dann ein sich über zwei Stunden hinziehender trivialer Diskus zum Thema zwischenmenschliche Beziehungen, der sich mit plumper Porno-Ästhetik interessant machen wollte. Liebe? Wohl eher nicht. Ein sehr eigenartiger und befremdlicher Film über die Liebe – vergleichbar mit Michael Hanekes „Liebe“ – ist ihm dafür jetzt mit dem knapp zweieinhalbstündigen „Vortex“ gelungen, der inzwischen im Digipack mit DVD und Blu-ray erhältlich ist. Darin hat die 82-jährige italienische Regielegende Dario Argento an der Seite der 78-jährigen französischen Schauspielerin Françoise Lebrun einen ihrer wenigen Auftritte vor der Kamera. „Vortex“ ist Noés ehrlichster und authentischster Film, der sich wirklich für seine Charaktere und ihr Schicksal interessiert und diese Empathie auch auf Zuschauer überträgt, der diesen Prozess der Entfremdung in Verbindung mit Älterwerden, Krankheit und Tod mit einem Gefühl von Schrecken, Trauer und Hilflosigkeit bis zum bitteren Ende gebannt mitverfolgt, auch aufgrund der quasi-dokumentarischen Umsetzung der Geschichte. Ganz ohne visuellen Gimmick kommt Noé auch hier nicht aus, aber der durchgängige Einsatz von Split Screen macht „Vortex“ noch um einiges eindringlicher und verleiht ihm eine ungeheure Dynamik und Spannung, die man angesichts der Länge dieses spartanisch inszenierten Kammerspiels nicht unbedingt erwartet hätte.