TWIN PEAKS

Als die Serie „Twin Peaks“ Anfang der 90er im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, war das eines der wenigen Male, wo ich tatsächlich versuchte jede weitere Folge zum Ausstrahlungstermin mitzubekommen, was mir ansonsten bei keiner anderen Fernsehserie in dieser Form passiert ist.

Was David Lynch und Autor Mark Frost da dem normalen Fernsehzuschauer zumuteten, war damals wie heute revolutionär, auch wenn sich gerade in den letzten Jahren das Niveau vieler US-Fernsehserien extrem gesteigert hat.

„Twin Peaks“ bleibt dennoch unerreicht, da Lynch hier ein faszinierender Transfer seiner bisherigen Spielfilm-Mysterien in ein Fernsehformat gelang, wo es letztendlich nicht mehr darum ging, einen Täter zu präsentieren, sondern mit surrealen Mitteln Stereotypen sonstiger Fernsehformate vielleicht nicht unbedingt zu parodieren, aber auf jeden Fall ad absurdum zu führen.

Das war dann aber irgendwann dem zuständigen Sender ABC zu viel des Guten, die massiv Druck auf Frost und Lynch ausübten und wodurch die Serie letztendlich nach der zweiten Staffel eingestellt wurde.

Was bleibt, ist ein faszinierendes, auch so schon nicht gerade kurzes Fragment, wo langsam der Horror einer an sich idyllischen Kleinstadt zu Tage gefördert wird und man als Zuschauer permanent an der Nase herumgeführt wird.

Was aber auch das deutsche Publikum offenbar irgendwann überforderte (zumal Konkurrenzsender Sat 1 den Mörder verriet, woran ich mich gar nicht mehr erinnern kann, was aber auch irgendwie egal war ...), weshalb RTL bei der Erstausstrahlung die letzten Folgen einem anderen Sender überließ und sie bei einer Wiederholung überhaupt nicht mehr zeigte.

Auf jeden Fall ist „Twin Peaks“ aber eine der am besten besetzten Serien, denn jede Figur, angefangen beim höchst eigenwilligen FBI-Agenten Dale „verdammt guter Kaffee“ Cooper (Kyle MacLachlan) bis hin zu skurrilen Nebenfiguren wie der „Log Lady“ oder Lynch selbst, als Coopers schwerhöriger Vorgesetzter Gordon Cole, machen alle Folgen zu vielschichtigen Entdeckungsreisen.

Außerdem gab es hier damals die mit Abstand attraktivsten Jungdarstellerinnen, wie Lara Flynn Boyle, Sherilyn Fenn, Mädchen Amick und natürlich Sheryl Lee in der Doppelrolle als Laura Palmer/Maddie Ferguson, die dennoch nicht die Austauschbarkeit sonstiger Fernsehactricen besaßen.

Und der gute Jack „Eraserhead“ Nance durfte natürlich auch nicht fehlen. Hinzu kam der fantastische Score von Angelo Badalamenti, der mit dem Titelthema der Serie wohl einen dieser unsterblichen Filmmusik-Klassiker geschaffen hat.

Lynch versuchte dann mit TWIN PEAKS: FIRE WALK WITH ME (der von Paramount in Deutschland als qualitativ sehr gute DVD zu haben ist) in Form eines Prequels noch mal an den Erfolg der Serie anzuknüpfen, was aber nur teilweise gelang, denn aufgrund des eingeschränkten zeitlichen Rahmens musste er auf viel zu viele Charaktere der Serie verzichten.

Nachdem Paramount dann 2002 endlich mal die erste Staffel der Serie auf DVD veröffentlicht hatte, dauerte es bis Anfang 2007, bis der Rest folgte, was die meisten Fans wenig lustig fanden.

Ebenso unglücklich wirkt die Entscheidung, kaum ein knappes Jahr später noch eine so genannte „Definitive Gold Box Edition“ auf den Markt zu werfen, die verpackungstechnisch komprimierter ist, dafür aber auch günstiger, und auf einige Extras wie den Inhalt der Bonus-Disc der DVD mit der ersten Staffel und die Audiokommentare verzichtet.

Die Aufmachung wirkt tatsächlich etwas billig, dafür bekommt man bei der ersten Staffel jetzt ein restauriertes Bild und den Pilotfilm in zwei Versionen geliefert, denn da gab es noch eine internationale Version, die quasi ein abgeschlossener Film für sich ist, ebenso wie geschnittene Szenen und eine Bonus-DVD mit diversen Interviews und Dokus.

Für jemanden, der bereits die ersten DVDs im Schrank stehen hat, eine höchst ärgerliche Sache, und alle anderen können sich entscheiden, welcher Version sie den Vorzug geben, wobei die „Definitive Gold Box Edition“ höchstwahrscheinlich die bessere Wahl ist.

So sehr ich die DVD auch genossen habe – wobei ich die deutsche Synchro im nachhinein nicht mehr ganz so überzeugend fand, die auch etwas dünner klingt als der Originalton –, gefällt mir diese unsensible Veröffentlichungspolitik vieler Firmen absolut nicht, von Kundenfreundlichkeit kann da wirklich keine Rede sein, eher von Kundenverunsicherung.

Ansonsten ist jeder in diese großartige Serie investierte Euro vollkommen gerechtfertigt, die ein absoluter Meilenstein im Fernsehserien-Bereich ist, und im Schaffen von David Lynch einen wichtigen Platz einnimmt.

Es gäbe bestimmt noch viel zu „Twin Peaks“ zu erzählen, aber es ist sicher einfacher, sich das Ganze selbst anzuschauen.