Foto

TRACK 29 – EIN GEFÄHRLICHES SPIEL

Es gibt wohl nur wenige Regisseure, die ein so geschlossenes Frühwerk wie Nicolas Roeg aufzuweisen haben, mit Filmen wie PERFORMANCE (1970, zusammen mit Donald Cammell), WALKABOUT (1971), WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN (1973), DER MANN, DER VOM HIMMEL FIEL (1976), BAD TIMING (1980) oder INSIGNIFICANCE (1985), und selbst sein Abstecher mit HEXEN HEXEN (1990) ins Family Entertainment war immer noch eine erstaunlich subversive Angelegenheit.

Zuvor war Roeg bereits als Kameramann tätig, etwa für François Truffaut, Roger Corman, Richard Lester und John Schlesinger. Zu seinen weniger bekannten Arbeiten gehört TRACK 29, basierend auf einem Drehbuch von Dennis Potter (PENNIES FROM HEAVEN, THE SINGING DETECTIVE), mit Theresa Russell, Gary Oldman, Christopher Lloyd (BACK TO THE FUTURE) und Sandra Bernhardt in den Hauptrollen und produziert von George Harrisons Firma Handmade Films, der deutlich Roegs exzentrische Handschrift trägt.

Ein komplexes, intellektuelles Filmpuzzle, und wie so oft bei Roeg weiß man nie, in welche Richtung sich die Handlung im nächsten Moment bewegen wird, bei der Traum und Realität ständig verschwimmen.

Russell spielt dabei auf ihre gewohnt emotional überbordende Art (man denke nur an BAD TIMING) eine Frau namens Linda Henry, die mit einem Arzt verheiratet ist, der mehr an seiner Modelleisenbahn als an ihr interessiert ist, und sich seine sexuelle Triebabfuhr lieber bei einer dominanten Krankenschwester holt.

Außerdem leidet sie unter dem Trauma, in jungen Jahren ihr Kind weggegeben zu haben, Produkt eines Rummelplatz-Quickies. Eine emotional wenig gefestigte Person, frustriert und hysterisch.

Als dann ein junger Mann in ihr Leben eindringt, der behauptet, ihr Sohn zu sein (ein superber, wunderbar irrer Gary Oldman), scheint Linda endgültig Opfer eines schweren Nervenzusammenbruchs geworden zu sein, denn besagter Martin ist ein reines Produkt ihrer Fantasie.

Eine surreale, schräge und schwarzhumorige Thriller-Farce über die extreme Verarbeitung eines Traumas mit Anleihen bei Freud und Jung, die dem Normalkonsumenten sicherlich zu verkopft und verwirrend ist, aber eines der späten Highlights im Schaffen von Roeg ist – wenn auch ein Film mit Schwächen –, der seit Mitte der 90er leider schwer abgebaut hat.

Dass der Film insgesamt sehr stiefmütterlich behandelt wird, zeigt sich auch an den bisher erschienenen DVDs, da bildet die von Koch leider keine Ausnahme, die in 4:3 ist – über das echte Bildformat gibt es keinerlei Angaben –, und von einem Bandmaster gezogen zu sein scheint, dementsprechend instabil ist das Bild.

Schade, aber zumindest ist der Film überhaupt mal in anschaubarer Form erhältlich, nur von digital restaurierter Fassung möchte man da nicht wirklich sprechen.