TIGERLAND

Wenn Firmen versuchen, alte Filme neu zu bewerben, treibt das Marketing manchmal seltsame Blüten. Und so lässt sich Joel Schumachers „Tigerland“ in der „Action Cult Uncut“-Reihe von Fox finden, inmitten von vier reaktionären Chuck Norris-Titeln und Jean-Claude van Dammes Kult-Klopper-Streifen „Bloodsport“.

Das hat ein Schumacher sicher nicht verdient, zumal sein Film „Tigerland“ kein hirntoter Actionstreifen ist, sondern in fast dokumentarischer Form zeigt, wie Rekruten der US-Army im Jahr 1971 auf ihren Einsatz im Vietnam vorbereitet werden.

Aufgrund seiner grobkörnigen, verwackelten Handkamera-Bilder strahlt der Film allerdings wenig wirkliches 70er-Flair aus und wirkt dadurch recht zeitlos. Möglicherweise ein bewusst eingesetzter Effekt, denn Schumachers Botschaften bezüglich des unmenschlichen Drills der Soldaten und des daraus resultierenden zivilen Ungehorsams dürften damals wie heute von Bedeutung sein.

„Tigerland“ fühlt sich dabei weniger wie ein vollwertiger Antikriegsfilm an, sondern hat quasi aus der ersten Hälfte von „Full Metal Jacket“ einen kompletten Film gemacht, hinzu kommen Einflüsse von „Einer flog über das Kuckucksnest“.

Das Trainingscamp „Tiger Land“ existierte übrigens tatsächlich und ist Schumachers Verbindung zur Realität und Beleg für die Authentizität des Ganzen. Es gibt in „Tigerland“ allerdings nichts, was man nicht schon in anderen Filmen dieser Art gesehen hätte, wie eben bei „Full Metal Jacket“.

Trotz bekannter Klischees – die Rekruten sind entweder Weicheier, psychopathische Killer oder unbeugsame Nonkonformisten – ist Schumacher hier dennoch ein sehr intensiver, wirklichkeitsnaher und schauspielerisch überzeugender Film gelungen – vor allem wegen Colin Farrell –, der auch 13 Jahre nach seiner Entstehung wenig von seinem Reiz eingebüsst hat.