THUMBSUCKER

Man hat häufiger mal das Gefühl, dass den meisten Regisseuren im amerikanischen Independent-Kino (was das auch letztendlich heißen mag ...), vor allem Regie-Debütanten, nichts besseres einfällt, als eine hübsche Coming-Of-Age-Geschichte zu drehen.

So ein Fall ist in gewisser Weise auch THUMBSUCKER von Werbe- und Videoclip-Regisseur Mike Mills (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen R.E.M.-Bassisten), der hier eine grundsätzlich recht sympathische Außenseiter-Ballade zum Besten gibt, die unsere vermeintliche Normalität als Illusion zu entlarven versucht, inhaltlich wie handwerklich gut umgesetzt ist, aber einen nur bedingt emotional in seinen Bann ziehen kann.

Die Story vom neurotischen Individualisten, der mit Eltern und Gesellschaft auf dem Kriegsfuß steht und nach seinem Platz in der Gesellschaft sucht, wird hier eher „business as usual“-like abgehandelt und bekommt höchstens dadurch eine besondere Note, dass der 17-jährige Justin Cobb (von Newcomer Lou Pucci kompetent gespielt) zur Kompensation des alltäglichen Haderns mit sich und seiner Umwelt gerne am Daumen lutscht.

Also wird er auf Medikamente gesetzt, was ihn anpassungsfähiger und selbstbewusster macht („You are not alone. You are not afraid. You don’t need your thumb, and your thumb doesn’t need you.“), aber eben nicht glücklicher, was wie gesagt zu der Einsicht führt, dass die Abweichung von der Norm letztendlich doch die bessere Alternative ist, zumindest funktioniert das in Mills’ Film so.

Nach 90 kurzweiligen Minuten fragt man sich allerdings, ob das denn jetzt wirklich schon alles gewesen sei. Denn sieht man mal vom hübschen Soundtrack von Polyphonic Spree ab und Elliott Smiths’ Coverversionen von Big Stars „Thirteen“ und Cat Stevens’ „Trouble“ (Smith sollte eigentlich den ganzen Score schreiben, verstarb aber während der Dreharbeiten) bleibt THUMBSUCKER vor allem eine etwas fragmentarische Nummerrevue, die von den engagierten Darstellerleistungen lebt, darunter Vincent D’Onofrio, Tilda Swinton, Vince Vaughn, Keanu Reeves (als esoterischer Hippie-Zahnarzt) und Kelli Garner (aus Larry Clarks BULLY) mit schwarz gefärbten Haaren, von der man gerne noch mehr gesehen hätte (und das ist jetzt nicht zweideutig gemeint).

Ein Film, der zu sehr auf ein US-Arthouse-Publikum schielt, aber weit entfernt von der Klasse eines RUSHMORE oder DONNIE DARKO ist und letztendlich einen allzu seichten Unterhaltungsanspruch besitzt.

Die deutsche DVD ist solide aber unspektakulär, wobei es bei einem dialoglastigen Film dieser Art schon etwas ärgerlich ist, dass man die englische Tonspur nicht mit deutschen Untertiteln versehen hat.