THE SADDEST MUSIC IN THE WORLD

Bisher hatte ich immer einen großen Bogen um den kanadischen Regisseur Guy Maddin gemacht, denn der Mann erfüllte alle Kriterien eines öden Kunstfilmers, wonach mir inzwischen gar nicht mehr der Sinn steht.

Aber nachdem sogar MGM den Film in den Staaten veröffentlicht hatte und die wunderbare Isabella Rossellini in einer Hauptrolle zu sehen ist, konnte man doch mal einen Blick riskieren. So richtig leicht verdaulich ist THE SADDEST MUSIC IN THE WORLD zwar auch nicht, aber für Maddin-Verhältnisse ein fast konventioneller Unterhaltungsfilm, der aber sicher kein Mainstream-Publikum ansprechen dürfte.

Eines ist auf jeden Fall unbestreitbar, THE SADDEST MUSIC IN THE WORLD ist auf seine Art absolut einzigartig, denn Maddin hat über die Ästhetik des frühen expressionistischen Stummfilms zu einem ganz eigenen Stil gefunden, der fest mit dem Inhalt des Films verknüpft ist und nicht nur bestimmte visuelle Aspekte plakativ ausschlachtet.

Angesiedelt sein soll das Ganze 1933 in Winnipeg während der Zeit der "Großen Depression", wobei das letztendlich aufgrund der surrealen Qualitäten von Maddins Film keine allzu große Rolle spielt.

Darin veranstaltet die beinlose Baronin Lady Helen Port-Huntley (Isabella Rossellini) einen Wettbewerb, um die traurigste Musik der Welt zu finden, der regen Zulauf hat, da dem Gewinner 25.000 Dollar winken.

Darunter jede Menge schräge Gestalten, was Maddin genug Gelegenheit bietet, einige höchst unterhaltsame Musiknummern einzubauen. Parallel dazu geht es um die Beziehung einiger Teilnehmer des Wettbewerbs zu der Baronin, wo dann auch der Verlust ihrer Beine verknüpft mit einer Familientragödie geklärt wird.

Dabei kommt eine tragikomische wie groteske Mischung aus Melodram und Musical heraus, eine Hommage an die Zeit, als die Bilder gerade laufen lernten, die ihre immer wieder mal sperrigen Momente durch eine herzhafte Komik elegant überspielt (Fyodor: "Are you an American?" - Narcissa: "No, I'm not an American.

I'm a nymphomaniac.") und offenbar nach dem Prinzip "Sadness is just happiness turned on its ass" funktioniert. THE SADDEST MUSIC IN THE WORLD ist Maddins bis dato teuerster Film, wo er seinen bisherigen "Kitsch-Surrealismus" in gewisser Weise perfektionierte und mit absurder wie intelligenter Komik gleichzeitig auch den US-Imperialismus und das Verhältnis zwischen Kanada und den Staaten aufs Korn nimmt.

Deutsch synchronisiert wurde der Film nicht und wird auf der deutschen DVD nur deutsch untertitelt präsentiert, was aber angenehmer ist als irgendeine schlechte Billig-Synchro. Als Extras gibt es fünf Kurzfilme von Maddin, darunter der 60-minütige COWARDS BEND THE KNEE, OR THE BLUE HANDS aus demselben Jahr, der thematisch und stilistisch starke Parallelen zu THE SADDEST MUSIC IN THE WORLD aufweist.

Schöne Veröffentlichung eines hochinteressanten Films, der aber nicht für jedermann gleichermaßen gemacht ist.