Rückblickend erscheint es fast unglaublich, dass ausgerechnet bei Warner Bros. Records die ersten drei Platten – „s/t“ (1991), „Disco Volante“ (1995) und „California“ (1999) – einer dermaßen unkommerziellen und radikalen Band wie MR. BUNGLE veröffentlicht wurden. Möglicherweise hatte das etwas mit dem großen kommerziellen Erfolg von FAITH NO MORE zu tun, bei denen MR. BUNGLE-Frontmann Mike Patton den ursprünglichen Sänger Chuck Mosley beim dritten Album „The Real Thing“ von 1989 ablöste und deren Platten auf dem Warner-Sublabel Slash erschienen. Schon ab Mitte der Achtziger hatte Patton zusammen mit Bassist Trevor Dunn und Gitarrist Trey Spruance als MR. BUNGLE vier Kassetten-Demos aufgenommen, „The Raging Wrath Of The Easter Bunny“ (1986), „Bowel Of Chiley“ (1987), „Goddammit I Love America!“ (1988) und „OU818“ (1989). Einige Songs davon tauchten 1991 auch auf dem siebzigminütigen selbstbetitelten „offiziellen“ Debütalbum auf, das mit seinem Experimental-Jazz-Funk-Metal so klingt, als hätte man mit Amphetamin vollgepumpte PRIMUS und RED HOT CHILI PEPPERS zusammen in eine Gummizelle gesperrt. Das von John Zorn zusammen mit der Band produzierte wilde Debüt wirkt wie die drei MR. BUNGLE-Frühwerke im ersten Moment etwas unfokussiert und verarbeitet auf schizophrene Weise jede nur denkbare Form von Rockmusik. Ob FAITH NO MORE-Fans damit so großen Spaß hatten, ist fraglich. Vier Jahre später bauten MR. BUNGLE diesen stilistischen Irrsinn auf „Disco Volante“ noch weiter aus und verschmolzen mit einem gesanglich komplett entfesselten Patton Jazz, Death Metal, Techno, Punk und Tango zu einem völlig psychotischen Gesamtsound mit Anleihen bei Ennio Morricone, John Zorn und Frank Zappa. 1999 verabschiedeten sich MR. BUNGLE dann erst mal mit „California“, einem deutlich gemäßigteren und orchestraler arrangierten Album, bei dem sich auch Pattons Faible für die europäischen Filmusikkomponisten der Sechziger und Siebziger Jahre zeigte. Gut zwanzig Jahre später legen Patton, Spruance und Dunn, plus Ex-SLAYER-Schlagzeuger Dave Lombardo und Gitarrist Scott Ian (ANTHRAX, S.O.D.), jetzt mit „The Raging Wrath Of The Easter Bunny Demo“ nach. Der Titel ist kein Zufall, denn tatsächlich handelt es sich größtenteils um eine Neueinspielung des ersten MR. BUNGLE-Demos, ergänzt um zwei unveröffentlichte Stücke und Coverversionen von S.O.D. („Speak English or die“, das hier „Hypocrites/Habla español o muere“ heißt) und CORROSION OF CONFORMITY („Loss for words“). Das wiederum könnte Fans der drei Warner-Platten von MR. BUNGLE enttäuschen, denn hier ist ein brutaler Hochgeschwindigkeits-Crossover aus Thrash Metal und Hardcore-Punk angesagt, wie ihn Patton zuletzt schon mit DEAD CROSS praktiziert hatte, und mit dem die Band quasi zu ihren tatsächlichen Ursprüngen zurückkehrt.
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