Der ursprünglich als Werbefilm-Regisseur aktive Brite Ridley Scott genießt vor allem dank seiner Filme „Alien“ und „Blade Runner“ von 1979 und 1982 ewigen Kultstatus, auch wenn sein späteres Schaffen recht durchwachsen ist. Dabei in Vergessenheit gerät oft sein sehenswerter erster Kinofilm „Die Duellisten“ aus dem Jahr 1977, in dem es um den teils grotesken, sich über 15 Jahre erstreckenden Konflikt zweier Offiziere der Husaren der napoleonischen Armee Anfang des 19. Jahrhunderts geht, die durch ein Duell versuchen, ihre Ehre wiederherzustellen. Ähnlich wie Stanley Kubricks unglaublich langweiliger „Barry Lyndon“ besitzt „Die Duellisten“ gerade durch seine visuelle Seite einen besonderen Reiz, da seine tollen naturalistischen Bilder zeitgenössischen Landschaftsmalereien nachempfunden sind. 44 Jahre später geht es in Scotts aktuellem Film „The Last Duel“ erneut um den speziellen Konflikt zweier Männer, wofür es sogar eine tatsächliche historisch verbürgte Vorlage gibt. Im Frankreich des Jahres 1386 treffen der normannische Ritter Jean de Carrouges (ein ziemlich ramponierter Matt Damon) und der mit ihm eigentlich befreundete junge Edelmann und Frauenheld Jacques Le Gris (Adam Driver) in einem Duell aufeinander, um durch eine Art Gottesurteil zu klären, ob Carrouges Ehefrau von Le Gris vergewaltigt wurde. Basierend auf dem Buch „The Last Duel: A True Story of Trial by Combat in Medieval France“ von Eric Jager schildert Scott detailliert, wie es zu diesem Duell kommt, und zeigt dabei ähnlich wie Kurosawa in „Rashomon“ die unterschiedlichen Perspektiven der drei Betroffenen bei dieser schwierigen Suche nach der Wahrheit. Mit „The Last Duel“ gelang Scott noch mal ein beeindruckendes, von #MeToo sicher nicht unbeeinflusstes Spätwerk, das auch recht ungeschönt das damalige Mittelalter darstellt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #160 Februar/März 2022 und Thomas Kerpen