„This is the day“ und „Uncertain smile“ sind zwei der schönsten Songs, die im Jahr 1983 veröffentlicht wurden und sie haben bis heute dank ihrer effektiven Simplizität, zwischen Pop, New Wave und Folk, nichts von ihrer songwriterischen Klasse verloren. Beide stammen von „Soul Mining“, dem Debütalbum der britischen Band THE THE, falls man überhaupt von Band sprechen kann, denn der Motor des Ganzen war schon damals hauptsächlich Singer/Songwriter Matt Johnson. 1981 hatte Johnson bereits unter seinem eigenen Namen ein Album namens „Burning Blue Soul“ veröffentlicht, das mit seinem schwergängigen experimentellen Charakter auch über die Jahre nicht attraktiver geworden ist. Von 4AD wurde das Anfang der 1990er Jahre noch mal als THE THE-Album veröffentlicht, versehen mit Artwork von Andy Dog aka Andrew Johnson, dem Bruder des THE THE-Frontmanns, der zahlreiche Veröffentlichungen seines Bruders mit seiner charakteristischen Kunst gestaltet hatte. Die eigentliche Geburtsstunde von THE THE war die noch sehr sperrige Single „Controversial Subject“, gefolgt 1981 von „Cold Spell Ahead“, einer frühen Version von „Uncertain smile“, was bereits deutlicher nach den späteren THE THE klang. 1986 gelang Johnson dann mit „Infected“ eine der Platten dieses Jahres, die neben Julian Copes im selben Jahr entstandenem Album „Saint Julian“ ein Ergebnis produktionstechnischer Anmaßung und Dekadenz sein mag, aber immer noch durch die schiere Wucht der Songs beeindruckt, gerade in rhythmischer Hinsicht. Umso enttäuschender wirkte dagegen 1989 Johnsons Zusammenarbeit mit THE SMITHS-Gitarrist Johnny Marr, gefolgt 1992 von „Dusk“, das ebenfalls nur für zwei, drei okaye Nummern gut war. Mit Johnsons Verbeugung vor Hank Williams auf „Hanky Panky“ 1994 endete dann mein Interesse am THE THE-Schaffen. So richtig weg war Johnson nie, der 2021 mit dem Live-Album „The Comeback Special (Live At The Royal Albert Hall)“ eine gelungene Werkschau veröffentlichte und jetzt mit „Ensoulment“ nach langer Zeit mal wieder ein richtiges Album aufgenommen hat. Auch wenn mich „Ensoulment“ (ein seltsamer Titel, dessen deutsche Entsprechung den Beginn des Lebens in einem eher religiösen Sinne definiert) songwriterisch ein wenig enttäuscht, erinnert hier doch vieles an den dunklen Midtempo-Folk-Pop von „Soul Mining“, den Johnson vor allem in atmosphärischer Hinsicht mit Film-noir-Verweisen gelungen wiederbeleben kann und durch die äußerst stilvollen Arrangements, selbst wenn es keine sonderlich herausstechenden Einzelsongs gibt. Dennoch gab es Single-Veröffentlichungen von drei Songs sowie unterschiedliche Editionen des Albums auf Musikkassette, Vinyl und CD, alle wieder versehen mit dem faszinierenden Artwork von Andy Dog.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #176 Oktober/November 2024 und Thomas Kerpen