Im Jahr 1983, als der Kalte Krieg und die damit einhergehende nukleare Bedrohung ihren Höhepunkt erreichte, stand die Welt wohl mal kurz vor einem Atomkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion, der gerade noch abgewendet wurde. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan hielt einen für die USA gewinnbaren Atomkrieg sogar für realistisch, eine Meinung, die sich nach der Sichtung von Nicholas Meyers Film „The Day After“ änderte, wie er später in seiner Autobiographie zu Protokoll gab. Man sollte meinen, dass eigentlich nur ein völlig Verrückter die Folgen eines Atomkriegs in Kauf nehmen würde, aber in einer Welt bevölkert von skrupellosen Machthabern ist das inzwischen nicht mehr selbstverständlich. Insofern bekommt Meyers immer noch beeindruckender Fernsehfilm „The Day After“, der in Europa auch im Kino lief, eine unangenehme Aktualität und zeigt ähnlich wie der ein Jahr später entstandene britische Fernsehfilm „Threads“ und der Animationsfilm „Wenn der Wind weht“ von 1986 auf erschreckende Weise, wie die Auswirkungen eines Atomkriegs aussehen könnten. Ursprünglich war „The Day After“ drei Stunden lang, wurde aber nur in gut zweistündigen Fassung veröffentlicht, wobei sich Kino- und TV-Fassung leicht unterscheiden. Nicht alle bisher erschienenen deutschen VHS- und DVD-Releases waren ungekürzt, aber die aktuell erschienene Blu-ray und Doppel-DVD enthalten in guter Qualität die komplette Kino- und TV-Fassung. Neben Trailer und zwei Interviews gibt es als Bonus noch die drei interessanten Kurzfilme „Duck & Cover“, „Let’s Face It“ und „A Day Called X“ aus den Fünfzigern. Während die ersten beiden auf inzwischen eher belustigende Weise die Bevölkerung über das Verhalten bei einem Atomschlag aufklären sollten, geht es in Letzterem um die Evakuierung einer ganzen Stadt in Erwartung eines nuklearen Luftangriffs.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #164 Oktober/November 2022 und Thomas Kerpen