TEST DEPT.

Program For Progress DVD

Die Anfang der Achtziger in London gegründeten TEST DEPARTMENT waren damals das englische Gegenstück zu EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN, gelten entsprechend als Mitbegründer des Industrial-Genres. Warum das so ist, das lässt sich mittels dieser DVD ergründen, eine Wiederveröffentlichung des 1984 als VHS-Video erschienenen "Program For Progress"-Albums.

Zu jedem der acht Stücke (den Ausdruck "Song" vermeide ich hier mal, denn mit klassischen Rock'n'Roll-Strukturen hat das hier rein gar nichts zu tun) gibt es einen Kurzfilm, der in Schnitt und Handlung exakt auf die Klänge abgestimmt ist, es handelt sich also schon vom Konzept her um ein Video-Album.

Und auch wenn man heute angesichts der Überstrapazierung von Industrial-Klischees überrascht ist, wie sehr TEST DEPT. selbst diesen hier entsprechen, so muss man eben auch ganz klar sehen, dass das hier von genreprägender Bedeutung ist.

Wie ihre Berliner Kollegen waren die Londoner fasziniert von Schrott, von den Klängen, die Metall beim Zusammenprall mit Metall ergibt, und entsprechend wird hier gehämmert, geflext, geklopft, und das vor der Kulisse von alten Industrieanlagen, Schrottplätzen und Kränen, meist schwarz-weiß und damit nur noch düsterer wirkend.

Komisch eigentlich, dass es eine Bands dieses Kalibers im Ruhrgebiet nicht gab, denn da hätte sich ja ein riesiger Spielplatz aufgetan in den Achtzigern. Interessant ist bei diesen Clips die Proletarier-Ästhethik à la arbeitende Männer mit bloßem Oberkörper, was schon was von der Monumental-Ästhetik der jungen Sowjetunion hat, aber auch latent faschistoid wirken kann.

Von letzterem Vorwurf freilich sind TEST DEPT. schnell freigesprochen, waren sie doch von Anfang an eine engagierte, linke Formation, die aktiv den keimenden Neo-Nazismus in England bekämpfte.

Ein beeindruckendes visuelles Zeugnis einer genreprägenden Band, und peinlich ist es nur, dass Cherry Red im Info zur DVD was von "Industrial Metal" schreibt: Klar heißt das Genre Industrial, und die Band arbeitet mit Metall, aber mit dem Dreck, der sich in den Neunzigern unter diesem Genrebegriff entwickelt hat, haben die Herren rein gar nichts zu tun.