„Never judge a book by its cover.“ Als ich das Buch in meinem Reviewpäckchen entdecke, bin ich von den Wörtern „Lehrer“ – bin ich ja im wirklichen Leben auch – und „Wacken“ derart abgestoßen, dass ich überhaupt keine Lust verspüre, auch nur eine Zeile zu lesen, da inzwischen jeder Spießer meint, mit der bloßen Nennung der Metalkirmes seine Kredibilität beweisen zu können. Mit Widerwillen zwinge ich mich durch die ersten Seiten ... und lege das Buch erst Stunden später ausgelesen wieder weg, denn wider Erwarten ist es äußerst kurzweilig, ziemlich witzig, gespickt mit in den schillerndsten Farben beschriebenen Situationen und Beobachtungen aus Blofelds Alltag als Lehrerin – und Wacken kommt überhaupt nicht vor. Caro Blomfeld, bekennende Metal-Hörerin, prinzipiell schwarz gekleidet und tätowiert, gelingt es in 49 kurzen Kapiteln, etliche Typen (Schüler, Lehrer, Verwandte und Bekannte) und Situationen zu beschreiben, die der inzwischen geneigte Rezensent tatsächlich so oder so ähnlich auch bereits erlebt hat. Ob der eine Gedanke während der Lehrerkonferenz („Ich muss hier raus!“), die Kolleginnen in Teilzeit, die jede zusätzliche Aufgabe ablehnen, Klassenfahrten, der Drang, das Kollegium aus dem Privatleben fernzuhalten, die Wohnortwahl weit weg vom Arbeitsplatz – stimmt alles und wurde von der Autorin pointiert beschrieben. Zum Schluss ein grundsympathisches wörtliches Zitat: „Hier meine Botschaft an alle, die denken, ihr strammes Deutschtum hätte irgendetwas mit Wikingern oder Germanen zu tun: Thor würde euch mit seinem Hammer das braune Hirn rausbolzen! Keiner von euch Wichsern kommt nach Walhalla!“
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #152 Oktober/November 2020 und Guntram Pintgen