S.Y.P.H.

-1 CD

Den ganzen musikgeschichtlichen Krampf, der sonst immer direkt mitgeliefert wird, erspare ich mir und euch heute mal, weil es a) eh niemanden mehr interessiert und die, die es wissen könnten, viel zu alt geworden sind, dieses Heft zu lesen.

Und weil es b) eigentlich auch in Bezug auf eine aktuelle Veröffentlichung keine Rolle spielen darf, denn die Bewertung findet heute und nicht gestern statt. Mist, jetzt habe ich schon wieder eine von diesen erklärungsverseuchten Eröffnungen geschrieben ...

Als sympathisch, gewöhnungsbedürftig und ein wenig zu eigenbrötlerisch würde ich die neueste Veröffentlichung von S.Y.P.H. beschreiben. Was besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang: Absolutes musikalisches Retro-Verbot! Der Sound ist aktuell und zukunftsorientiert.

Es gibt direkte Ausfälle, die einfach nicht erwähnenswert sind und wo sich die Band teilweise recht lächerlich macht, was den ansonsten sehr lobenswerten, experimentellen Umgang mit der deutschen Sprache angeht.

Aber das gehört dazu, das ist der Preis, dafür, dass dann, als man alle Hoffnung schon aufgegeben hat, absolut unerwartet ein so kurzes (1:32 Minuten) und naives Liedchen wie "Alle Wege sind offen" knapp vor Torschluss auftaucht, einen verzaubert und überwältigt zurücklässt.

Diese Momentaufnahme spiegelt den aktuellen Zustand und die Orientierungsprobleme der Generation 30plus so präzise wieder, das ist für uns, ähem, die wir selber fast zu Lachleuten und Nettmenschen geworden sind, einfach nur erschreckend und entblößend.

Genau diese schonungslose, ehrliche und analytische Individualität macht den Reiz von S.Y.P.H. aus. Darin steckt soviel Wärme, Liebe und Herzblut, was in der heutigen Zeit ja auch nicht gerade alltäglich ist.

Musikgeschichte haben sie schon geschrieben, jetzt kümmern sie sich um die Zurückgebliebenen. (59:23) (09/10)