STUCK RUBBER BABY

Howard Cruse

Howard Cruses 1995 entstandene Graphic Novel erschien bereits ein Jahr später in deutscher Übersetzung bei Carlsen Comics unter dem Titel „Am Rande des Himmels“. Mitbekommen haben dürften das damals wohl nur eingefleischte Comic-Fans, denn zum einen war hierzulande die Zeit generell noch nicht reif für wirklich anspruchsvolle Comic-Erzählungen, zum anderen passte „Stuck Rubber Baby“ auch nicht in den sonstigen von Superhelden dominierten Comic-Mainstream.

Insofern dürfte diese Neuauflage unter dem Originaltitel jetzt deutlich bessere Karten haben, zumal man Cruses aufwändigem Werk bescheinigen muss, dass es sich hier um Stück extrem lesenswerter parabelhafter Zeitgeschichte handelt, das man durchaus in einem Atemzug mit Art Spiegelmans „Maus“ nennen darf, ohne sich dabei zu weit aus dem Fenster zu lehnen.

Denn Cruse, der in den Staaten schon seit den Siebzigern ähnlich wie hierzulande Ralf König zu den Pionieren schwuler Underground-Comic-Kunst gehört, in Deutschland aber kaum bekannt ist, hat mit „Stuck Rubber Baby“ einen ungemein vielschichtigen Comic geschaffen, der augenscheinlich autobiografisch geprägt ist, aber letztendlich eine fiktive Parallelwelt entstehen lässt.

Mit Hilfe dieser hat Cruse – seine karikaturhaften Zeichnungen erinnern leicht an Robert Crumb – sowohl sein persönliches Coming Out verarbeitet, als auch die gesamtgesellschaftlichen Umwälzungen der Kennedy-Ära vor der Kulisse einer fiktiven Südstaaten-Kleinstadt, die geprägt ist von einem brutalen Klima aus Rassenhass und Homophobie.

Und auch 16 Jahre nach der Erstveröffentlichung haben die grundsätzlichen Themen von „Stuck Rubber Baby“ nichts von ihrer Brisanz verloren, denn nicht nur in den Staaten ist gerade ein reaktionärer Backlash zu beobachten.