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INFRAKTION

Sous Les Pavés ... La Rage

„Unter dem Pflaster liegt der Strand“ war ein Slogan, der bei den Pariser Studentenprotesten im Mai 1968 im Umfeld der Situationistischen Internationale entstand. Er bezog sich auf den Sand, der sichtbar wird, wenn Pflastersteine als Wurfgeschosse aus dem Straßenbelag gehoben werden. „Sous les pavés, la plage“, lautet der Slogan auf Französisch, und die französische Punkband INFRAKTION betitelte in Anlehnung daran 1996 ihr einziges Album „Sous Les Pavés ... La Rage“ – aus „plage“ für Strand wurde „rage“, Wut. Gegründet hatte sich die Band 1992 in Paris, die Auflösung kam 1999. Dem Album gingen zwei Singles und drei Tapes voraus, nach dem Album gab es keine weiteren Releases mehr, teilweise machten die Musiker in anderen kleineren Bandprojekten weiter. Und ja, wütend waren INFRAKTION, wenn man mal in die französischen Texte hineinliest, die im Innenteil des Klappcovers nebst diversen Fotos abgedruckt sind – eine Bandhistory fehlt leider. In „Mac Dollar“ wird gegen US-amerikanische Fastfood-Kultur gekotzt, inklusive der Verwendung der Worte TNT und Disneyland in einem Satz. Heute würde einem so was wohl als Antiamerikanismus ausgelegt, damals ging das noch durch. Auch in „Le vigile“, „Insurrection“ oder „Incendie“ ist der persönliche Widerstand gegen die Beschissenheit der Verhältnisse Thema, und das auf einer musikalischen Basis, die klar auf THE CLASH zurückgeht, auf NEWTOWN NEUROTICS, und seinerzeit lieferten SCHLEPROCK (oder hießen die da schon GENERATORS?) aus L.A. ähnlich überzeugend hymnischen Punkrock ab, und ihre Landsleute CHARGE 69 hatten da gerade eine erste Single veröffentlicht. Apropos CHARGE 69: die personelle Verbindung zwischen beiden Bands stellt Sänger Vérole dar, der auch bei LES CADAVRES diese Position hatte. Auch cool: das an AOS3 erinnernde dubbige „Domage“, das auf jede Dub-Punk-Compilation gehört. Ingesamt und auch von der Aufnahmequalität her sind die Songs von INFRAKTION gut gealtert, das warnwestengelbe Vinyl sieht ebenfalls schick aus, weshalb ich unbedingt dazu rate, die Band (neu) zu entdecken.