SHAM 69

Tell Us The Truth CD / That's Life CD / The Adventures Of Hersham Boys CD / The Game CD

Wem die kürzlich ebenfalls via Captain Oi! erschienene Quasi-Best-Of-Zusammenstellung "The Punk Singles Collection 1977-80", auf der alle Hits enthalten sind, die man so braucht von Jimmy Pursey & Co, nicht ausreicht, der kann sich jetzt auch noch den relevanten Back-Catalog in Form dieser vier Alben besorgen, die labeltypisch gegenüber den Originalen mit reichlich Bonusmaterial aufgerüstet wurden.

Die gewohnte ausführliche History fehlt in den Booklets zwar, aber die wichtigsten Eckdaten werden stichwortartig geliefert, dazu gibt's die Texte und Coverabbildungen. Über die Jahre wurden die Platten natürlich schon unzählige Male neu aufgelegt, aber wie immer ist hier erkennbar, dass man im Hause Captain Oi! über Liebe zur Sache und zum Detail verfügt.

Die 1976 in Hersham gegründete Band (daher der erste Teil des Namens, der zweite sind natürlich die für Skinheads "heiligen" Zahlen 6 und 9) war an vorderster Punkfront dabei, doch erschien ihr erstes Album " Tell Us The Truth" nach diversen Singles erst 1978 und erreichte immerhin Platz 25 in den Charts.

Nur eine Seite der Scheibe war im Studio aufgenommen, die andere live. Enthalten waren hier unter anderem "Borstal breakout", "Hey little rich boy", "Ulster" und "They don't understand". Unter den acht Bonustracks finden sich dann die Singleversionen von "Ulster" und "Borstal breakout" sowie Demo-Aufnahmen.

Ende 1978 erschien dann schon mit "That's Life" das zweite Album, das mit einer hörspielartigen Szene beginnt, wie sie wohl jeder kennt: Elterngemaule am Morgen, wenn man es am wenigsten brauchen kann, und das geht über in "Leave me alone", gefolgt vom orgellastigen und völlig unpunkigen, balladesken "Who gives a damn".

Vorangegangen waren dem Album die Singles "Angels with dirty faces", "If the kids are united" (bis heute DER SHAM 69-Song schlechthin) und "Hurry up Harry", wobei ausgerechnet der größte Hit nicht auf dem Album zu finden war.

Dank Captain Oi! aber ist er hier als Bonustrack enthalten. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Konzerte von SHAM 69 - man kann sich sein Publikum eben nicht immer aussuchen - bereits zunehmend rechtes Gesindel angezogen, die, warum auch immer, die Band als "ihre" ansahen.

In Konsequenz ständiger Gewalt bei den Konzerten beschlossen Pursey & Co. (die Besetzung war ständigen Wechseln unterworfen) bis auf weiteres keine Konzerte mehr zu spielen. Ach mit "No entry" gibt's hier auch noch einen Song, mit dessen Text sich die SHOCKS wohl auch gut identifizieren können und der mit "stick America up your arse" endet.

Mit "Questions and answers" hatten SHAM 69 dann im März 1979 den nächsten Top 20-Hit, und der Sound der Band hatte sich da schon partiell vom rauhen Punk des Debüt-Albums hin zu klassischem Rock'n'Roll entwickelt, der etwa bei "Fly dark angel" schwer an die ROLLING STONES erinnert.

Mit der Single "Hersham boys" kehrt die Band noch einmal zum gröligen "If the kids ..."-Sound zurück und hat damit den kommerziell größten Erfolg: Mit dem Kneipenlied gelangt man bis auf Platz 6 der Charts.

Nicht faul, erschien das dritte Album "The Adventures Of The Hersham Boys" bereits im September 1979. Auf dem Cover poset der Vierer in bester Western-Manier, immer wieder werden Keyboards eingesetzt (mit eher zweifelhaftem Erfolg), man covert die YARDBIRDS mit "You're a better man than I" und erstaunlicherweise wird die Platte die bis dahin erfolgreichste der Londoner.

Als Bonus liegt eine 12" mit "If the kids are united" und "Borstal breakout". Angespornt durch den Erfolg entschließt sich die Band, doch nochmal ein paar Konzerte zu spielen. Neben den zehn Original-Tracks sind hier auch noch zehn Bonus-Songs enthalten, darunter die beiden 12"-Versionen der Klassiker, "Questions and answers" und "Hersham boys" in 7"-Version sowie Livetracks.

Mit "Tell the children" gelingt SHAM 69 dann 1980 noch einmal ein Charthit, und im Sommer 1980 erschien das vierte Album "The Game", das nach den bisherigen Maßstäben floppte. Rückblickend gesehen kein schlechtes Album, aber eines, das stellenweise schon so eine gewisse eklige Rockigkeit zeigt.

Während die ersten drei Longplayer also unverzichtbare Klassiker sind, kann man "The Game" nicht vorbehaltlos empfehlen, wie übrigens auch keine der Platten, die später unter dem Namen SHAM 69 veröffentlicht wurden.

1987 erschien mit "Volunteer" noch ein Album, 1997 "The A Files", nur besitzen muss man keines dieser Spätwerke.