25 Jahre nach dem Erscheinen der Erstausgabe ist im Ventil Verlag nun endlich eine aktualisierte und ergänzte deutschsprachige Ausgabe von „Sex Revolts. Gender, Rock und Rebellion“ von Joy Press und Simon Reynolds erschienen. Die sprachlich elegante Übersetzung besorgte Jan-Niklas Jäger. Die Musikjournalist*innen Press und Reynolds gehören seither zu den wichtigsten Popkulturanalytiker*innen unserer Zeit. „Sex Revolts. Gender, Rock und Rebellion“ avancierte bald nach dem Erscheinen zum viel diskutierten Standardwerk der Rockkritik und psychoanalytisch geleiteten Popkulturtheorie und ist es bis heute geblieben. Das hier verhandelte Phänomen der Misogynie in der Rockkultur ist trotz mancher Proteste und Gegenbewegungen in der jüngeren Vergangenheit von beklemmender Aktualität. Anhand zahlreicher Beispiele, darunter ROLLING STONES, Nick Cave und Iggy Pop, entwickeln Press und Reynolds ihre plausible und notwendige Kritik an der tiefsitzenden Frauenverachtung in den Texten und Selbstinszenierungen von Künstlern verschiedener Rock-Genres, die als progressiv und aufgeschlossen gelten oder gegolten haben. Kaum ein Rockrebell, der sich Freiheit und vielleicht auch noch Gleichheit und Solidarität auf die Fahnen geschrieben hatte, kann sich davon freisprechen, misogyne Stereotype nicht wenigstens unreflektiert reproduziert zu haben. „Sex Revolts“ ist sowohl als zeitloses zeithistorisches Dokument wie auch als aktuelle Problembeschreibung lesenswert, weil es sensibilisiert und kritikfähig macht, auch wenn heute wichtige Perspektiven der Gender-Politik und Debatten fehlen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #150 Juni/Juli 2020 und Salvador Oberhaus