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SALVADOR

Oliver Stone gilt ja in der Regel als anspruchsvoller Filmemacher mit kontroversen Themen, aber wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Und nach einem holperigen Karriere-Start und einer starken Phase von Anfang der Achtziger bis Mitte der Neunziger, inklusive einiger Geniestreiche als Drehbuchautor wie bei SCARFACE oder YEAR OF THE DRAGON, kommt in letzter Zeit von Stone überwiegend nur noch Murks – ob es an zu viel Koks liegt? SALVADOR hatte ich komischerweise bisher immer ignoriert – ebenfalls lange unterschätzt hatte ich auch den im selben Jahr entstandenen PLATOON, warum auch immer.

An sich ein typischer früher Stone, der provokant Zeitgeschichte mit Unterhaltungskino mischt, also quasi Messagetainment, woraus hier gerade zu Beginn ein Art FEAR AND LOATHING IN EL SALVADOR resultiert.

James Woods spielt darin den abgehalfterten amerikanischen Reporter Richard Boyle, mehr Bukowski als Hunter S. Thompson, der sich mit seinem ähnlich verlotterten Kumpel Doctor Rock (James Belushi) nach El Salvador aufmacht, in der Hoffnung, eine fette Story an Land zu ziehen (Doctor Rock: „They kill people here, Boyle!“ - Richard Boyle: „Do you believe everything you read in the papers?“).

Seine Story bekommt Boyle letztendlich dann auch, da er mitten in den dortigen Bürgerkrieg zwischen Militärregime und Bevölkerung gerät und unter anderem erleben muss, wie Erzbischof Óscar Romero, einer der prominentesten Kritiker der Regierung, ermordet wird.

Er selbst kommt schließlich gerade noch mit dem Leben davon und kann das Land verlassen. Zu Beginn wirkt SALVADOR zwar wenig überzeugend, als Stone seine leichtlebigen Spaßvögel nach Südamerika schickt, woran auch die deutsche Synchro nicht ganz unschuldig ist, die Woods flapsigen Sprüchen („I hope you all get anal herpes!“) eine komödiantische Dimension verleiht, die diese im Original nur begrenzt besitzen.

Doch ab der Mitte der Films, als alles wesentlich dramatischer und turbulenter wird, entwickelt SALVADOR einen erstaunlich mitreißenden Sog, der ihn auf jeden Fall zu einem der Highlights in Stones Karriere macht, versehen mit einer deutlich humanistischen und politischen Botschaft.

Ein wilder, sehr packender Film, „based on a true story“, der auch unter erschwerten Bedingungen entstand, zumal Stone trotz seines Oscars für das Drehbuch von MIDNIGHT EXPRESS damals noch relativ unbekannt war.

Und auch das Thema des Films stieß vielen amerikanischen Produzenten in politischer Hinsicht übel auf („What are the death squads, but the brain child of the CIA? But you’ll run with them because they’re anti-Moscow!“).

Weshalb Stone für die Finanzierung von SALVADOR ordentlich in die eigne Tasche greifen musste, zumindest aber mit Oscar-Nominierungen in zwei Kategorien belohnt wurde. Die bereits seit Ende Januar erhältliche DVD von Koch im hübschen Digipack, ist die erste deutsche Veröffentlichung auf diesem Medium und eine perfekte Möglichkeit, SALVADOR neu für sich zu entdecken, da es hier neben einem Audiokommentar von Stone unter anderem auch noch eine spannende einstündige Doku über die Entstehung des Films gibt und 30 Minuten geschnittene Material.

Ud selbstverständlich auch die Originaltospur, zur Abwechslung sogar mit deutschen Untertiteln. Highly recommended!