Kenner der deutschen Musiklandschaft der Achtziger Jahre werden sicherlich schon mal von Mona Mur, 1960 in Hamburg als Sabine Bredy geboren, gehört haben. Schon alleine wegen ihrer ersten 1982 erschienenen EP „Jeszcze Polska“, die noch unter dem Namen MONA MUR & DIE MIETER aufgenommen wurde, eine der essentiellen Scheiben der damaligen deutschen New Wave. Kultstatus sicherte der EP eigentlich schon die Besetzung, denn hinter den Mietern verbargen sich die EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN-Mitglieder Mark Chung, FM Einheit und Alexander Hacke. Eigenartigerweise gab es dann einige Jahre keine weitere Veröffentlichung von Mona Mur, die erst 1988 ihr erstes komplette Album aufnahm. Alexander Hacke und FM Einheit waren hier nur noch am Rande beteiligt, dafür teilte sich Kiev Stingl bei einigen Stücken die Songwriter-Credits mit Mona Mur, Produzent war Dieter Meier von YELLO, zu den maßgeblich beteiligten Musikern gehörten J.J. Burnel und Dave Greenfield von den STRANGLERS, und aufgenommen wurde die Platte in den Spaceward Studios, wo sich schon zahlreiche Punk- und New-Wave-Größen wie TUBEWAY ARMY oder STIFF LITTLE FINGERS die Klinke in die Hand gegeben hatten. 1988 war die NDW schon lange tot oder zum schlechten Witz mutiert, und auch Mona Mur hatte wohl kein großes Interesse, in dieser Hinsicht Wiederbelebungsversuche zu starten. Möglicherweise ist das auch der Grund dafür, dass ihr Debüt recht gut gealtert ist und nicht nach einer typischen Achtziger-Jahre-Produktion klingt. Stattdessen gibt es eigenwillig instrumentierte Rocksongs mit starker Chanson- und Pop-Schlagseite – darunter Coverversionen von Bertolt Brecht/Kurt Weill und Billie Holiday –, bei denen Mona Murs leicht theatralische Gesangsdarbietung irgendwo zwischen einer weniger hysterischen Nina Hagen und Grace Jones liegt. Mona Murs Debüt, das bei Play loud! jetzt auf LP und CD exzellent remastert erschien, ist auf jeden Fall eine schöne Wiederentdeckung, auch wenn die größere Relevanz sicherlich die vier Songs der noch deutlich im New Wave und Post-Punk verwurzelten „Jeszcze Polska“-EP besitzen. Insofern aufgepasst, Vinyl-Fans, nur die CD enthält diese als Bonustracks! Frau Mona Mur ist übrigens bis heute musikalisch aktiv geblieben und produzierte später unter anderem Musik für Videospiele – drei ihrer Songs sind auch in Fatih Akins „Gegen die Wand“ von 2004 zu hören, wo sie in einer Nebenrolle auftaucht.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #173 April/Mai 2024 und Thomas Kerpen
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