Ryuichi Sakamoto ist für japanische Popmusik ja so was wie Akira Kurosawa für den japanischen Film, zumindest was seinen Bekanntheitsgrad im Westen angeht, denn natürlich zeigen beide nur bestimmte Facetten japanischer Kultur.
Sakamoto ist auf jeden Fall einer der japanischen Pioniere in Sachen elektronischer Musik, seit seinen Anfängen in den 70ern bei YELLOW MAGIC ORCHESTRA, den japanischen DEPECHE MODE, und genau wie diese stark von KRAFTWERK beeinflusst.
Gleichzeitig hat Sakamoto auch wundervolle Filmmusik geschrieben, darunter für zwei Filme Nagisa Oshimas, in dessen "Merry Christmas Mr. Lawrence" er dann auch die Hauptrolle übernahm, und auf dem dazugehörigen Soundtrack findet sich eine der zahlreichen Kollaborationen zwischen ihm und David Sylvian.
Sylvian ist auch wieder auf "Chasm" vertreten, Sakamotos 15. Soloalbum, das ganz sicher nicht zu seinen leicht verdaulichsten gehört, aber der Mann war schon immer gut für eher sperrige Sounds, die man nur bedingt noch als Popmusik bezeichnen konnte.
"World citizen", der Track mit Sylvian gehört hier noch zu eingängigsten, auch wenn diese Version - einen Remix davon gibt es hier auch noch - wesentlich reduzierter ist, als die, die man auf der "World Citizen"-EP auf Sylvians Label Samadhisound finden kann.
Ansonsten gibt es hier vor allem eine atmosphärische Form akustischer Elektronik-Sounds mit Ambient-Touch, oft auf Beats oder Gesang verzichtend, wobei zwischendurch auch folkloristische japanische Klänge einfließen, ebenso wie Hip-Hop, Klassik oder Industrial.
Ein sehr offenes Konzept, das Sakamoto von seiner innovativsten, aber auch für den Hörer forderndsten Seite zeigt, denn die Vielschichtigkeit und Abstraktion der 15 Tracks auf "Chasm" erschließt sich nicht beim ersten Mal, eine Platte, die aber den eher unterkühlten Sounds eine erstaunlich emotionale Note abringt.
Neben "World citizen" gehört hier zu den Höhepunkten sicher das zehnminütige Ambient-Stück "Only love can conquer hate", wobei der finale Track "Seven samurai - ending theme" sicher der insgesamt schönste ist und eher an Sakamotos Soundtrack-Arbeiten erinnert.
Sakamoto zeigt hier jedenfalls eindrucksvoll, dass mit ihm im Bereich elektronischer Musik immer noch zu rechnen ist, der ja inzwischen übervölkert ist von irgendwelchen uninspirierten Laptop-Dilettanten.
(09/10)
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