Kürzlich noch hatte ich die Romanvorlage von Giancarlo De Cataldo gelesen, nun erschien Staffel 1 (Staffel 2 wird im November erscheinen) der italienischen TV-Serie im DVD-Format, gedreht von Stefano Sollima, dem Sohn von Regisseur Sergio Sollima.
De Cataldo, Jahrgang 1956, ist Richter in Rom und überdies Journalist und Bestsellerautor. „Romanzo Criminale“ in Buchform ist eine beinahe schon dokumentarisch anmutende Aufarbeitung des italienischen Sumpfes aus Politik, Kirche und organisiertem Verbrechen, eine Milieustudie an der Schnittstelle von römischem Proletariat, Kleingangsterei, bestechlicher Justiz, korrupten Polizisten, gierigem Bürgertum und rechten politischen Fanatikern.
Die Mafia entdeckt Mitte/Ende der Siebziger das schnelle Geld, das sich mit Drogenhandel machen lässt, braucht dazu Fußtruppen, Anwälte und Steuerberater, und in diesem schmutzigen, moralisch völlig verkommenen Setting agieren De Cataldos zahlreiche Figuren.
Schon das Buch ist eine gewisse Herausforderung, denn es wimmelt von Akteuren und Namen, viele Handlungsstränge überlagern sich, und bei aller Faszination für die Story erfordert das Konzentration.
Genauso interessant und spröde zugleich ist die Verfilmung: Wer die gefeierten US-Krimiserien der letzten Jahre schätzt und mit entsprechenden Sehgewohnheiten an „Romanzo Criminale“ herangeht, hat sicher „Verdauungsschwierigkeiten“, ist diese Produktion doch kleinteiliger und mühsamer zu erfassen, erinnert in Erzählstil und Bildsprache mehr an französische Gangsterfilme der Sechziger und Siebziger.
Bemerkenswert ist die detailgenaue, authentische Ausstattung der Sets, und für schwache Nerven ist die als „ab 18“ eingestufte Serie auch nichts, denn die Gewaltdarstellung ist doch immer wieder explizit, jedoch eher nüchern und lakonisch, nicht exploitativ.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #104 Oktober/November 2012 und Joachim Hiller