ROKY ERICKSON

True Love Cast Out All Evil

Der 1947 geborene Texaner Roger Kynard Erickson ist eine der legendärsten Gestalten der amerikanischen Rockszene seit den späten Sechzigern, gilt mit seiner damaligen Band 13TH FLOOR ELEVATORS als einer der Pioniere von Psychedelic-Rock und hat damit auch unzählige spätere Bands beeinflusst (schön nachzuhören auf der Tribute-Platte „Where The Pyramid Meets The Eye“ von 1990).

Gleichzeitig ist er auch eine der tragischsten Figuren des Musikgeschäfts, denn Drogen und psychische Probleme bescherten Erickson längere Aufenthalte in Heilanstalten, und der traurige Höhepunkt kam dann 1982, als er angab, ein Alien hätte Besitz von seinem Körper ergriffen.

Hinzu kam noch, dass Erickson für den Großteil seiner Releases fast nie Tantiemen erhielt, also überwiegend mittellos war, anstatt Rockstar also nur ein Sozialfall. Seit 2001 befindet sich Erickson in der Obhut seines jüngeren Bruders Sumner, tritt sporadisch wieder auf und bekommt endlich die nötige medizinische Versorgung.

Und jetzt gibt es sogar ein neues Album von ihm, mit dem wohl die wenigsten gerechnet haben, auch wenn er 1995 mal eine Platte namens „All That May Do My Rhyme“ aufgenommen hatte. Eingespielt wurde „True Love ...“ mit OKKERVIL RIVER aus Austin, eine im ersten Moment ungewöhnliche Wahl, die aber musikalisch durchaus Sinn macht.

Wer damit rechnete, dass Erickson hier den Psychedelic-Rock, für den er vor allem bekannt ist, wieder aufgreifen würde, könnte eventuell enttäuscht sein, denn „True Love Cast Out All Evil“ ist ein fast altmodisches Singer/Songwriter-Album geworden.

Dafür klingt Ericksons Stimme immer noch so toll und wiedererkennbar wie früher, natürlich gereifter und auch etwas angegriffen. Anfängliche Skepsis verfliegt aber bereits beim wundervoll emotionalen dritten Song „Goodbye sweet dreams“, der auch eine dezente Psychedelic-Rock-Färbung besitzt.

Insgesamt handelt es sich bei dem Material von „True Love Cast Out All Evil“ um alte, zum Teil unveröffentlichte Songs von Erickson, die sich aber hier zu einem homogenen, vielschichtigen und äußerst persönlichen Album zusammenfügen, das vielleicht nicht den Klassikerstatus seiner Frühwerke erreichen wird, aber unter Beweis stellt, dass der Texaner nicht nur von seiner glorreichen Vergangenheit zehrt, sondern immer noch in der Lage ist, tief empfundene Musik zu produzieren, die den einen oder anderen echten Gänsehautmoment erzeugen kann.

Möge es nicht das letzte Album bleiben!