Welch enorme Ausmaße die "Punk Explosion" der späten Siebziger in England hatte, sieht man immer wieder daran, wie viele Bands aus der Asche der damals aktiven Bands entstanden sind, die längst vergessen sind- und von denen man nur dann nochmal etwas hört, wenn sich ein Label der Aufarbeitung ihres Schaffens annimmt.
So ein Fall sind auch die LONDON COWBOYS, die von Steve Dior und Barry Jones Anfang der Achtziger gegründet wurden, nachdem sich ihre vorherige Band THE IDOLS aufgelöst hatten. Die beiden kannten sich bereits seit Mitte der Siebziger, als Barry für eine Weile Booker im legendären Roxy Club war und sein Kumpel Steve ein seine Idole, die NEW YORK DOLLS, anhimmelnder Teenpunk war.
Die Jungs hatten also Kontakte, und irgendwie führte das dazu, dass sie nach Jerry Nolans Ausstieg bei Johnny Thunders HEARTBREAKERS zusammen mit dem und Jerry Nolan in New York die Backing-Band für einen gewissen Sid Vicious machten.
Die IDOLS veröffentlichten eine 7" auf Ork, und irgendwie wurde diverse Besetzungswechsel später aus der einen Band die andere, die LONDON COWBOYS, bei denen auch mal Glen Matlock Bass spielte.
In der Folgezeit unterschrieb die Band beim damals renommierten Pariser Label Skydog, veröffentlichte da auch drei Alben ("Animal Pleasure", "Tall In The Saddle", "On Stage") und erfreute sich wohl vor allem in Frankreich größerer Beliebtheit.
Mitte der Achtziger zog es Steve und Barry dann nach Los Angeles, der Major MCA nahm sie unter Vertrag, allein: Ein Album erschien nicht. Gleiches Pech dann beim Deal mit Chrysalis, und die Aufnahmen, die seinerzeit entstanden, erblicken erstmal hier das Licht der Welt.
1986/87 war Barry nebst Glen Matlock und Jerry Nolan die Backing-Band von Thunders, man nahm zusammen auf, und auch jenes Material findet sich auf dieser Doppel-CD. Bald darauf war dann wohl endgültig Schluss mit den Cowboys: Barry blieb in L.A., Steve arbeitete unter anderem mit LA GUNS und FILTHY LUCRE, ist aber heute wieder mit den DELINQUENTS aktiv.
Auf dieser Doppel-CD nun findet sich zum einen eine 15 Songs umfassende Best-Of-Zusammenstellung, zum anderen gibt es 16 unveröffentlichte Songs aus diversen Phasen, und wer immer NEW YORK DOLLS, HEARTBREAKERS oder LORDS OF THE NEW CHURCH schätzt, aber auch vor der einen oder anderen Sleaze- und Hardrock-Nummer keine Angst hat (Los Angeles in den Achtzigern ...), sollte sich durchaus mal mit den LONDON COWBOYS beschäftigen, die übrigens keine einzige Country-Nummer im Programm hatten, soweit ich das überblicken kann.
Im Booklet gibt's ausführliche Linernotes sowie alte Fotos - so muss das sein. (7)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #80 Oktober/November 2008 und Joachim Hiller