Ja, in der Ukraine wird aktuell nicht ausschließlich gekämpft und gestorben, um eine sinnlose Invasion von russischer Seite zurückdrängen, sondern es gibt anscheinend auch noch Menschen, die sich einem banalen kulturellen Zeitvertreib wie dem Aufnehmen von Platten widmen. Allerdings darf man von REFLECTOR – nicht zur verwechseln mit der in diesem Heft schon häufiger besprochenen gleichnamigen österreichischen Sludge-Metal-Band – aus Bila Zerkwa, achtzig Kilometer südwestlich von Kiew gelegen, keine politischen Statements wie von dem ukrainischen Punk/Hardcore-Frauen-Trio DEATH PILL erwarten. Denn auf ihrem Debüt „Echo Colonnade“, das wohl schon 2020 entstand und rein digital erhältlich war, aber jetzt das erste Mal von Sulatron als LP auf farblich reichlich wildem Recycling-Vinyl veröffentlicht wurde, gibt es rein instrumentalen Neo-Krautrock. Der erinnert in den rockigeren Momenten stark an die ersten Platten der Berliner CAMERA, die sich sehr am motorischen Beat von NEU! orientierten, dabei aber dennoch zu einem individuellen Sound fanden. Gleichzeitig gibt es auf „Echo Colonnade“ auch gelungene Ambient-Drone-Parts als atmosphärischer Kontrast zu den eher rockigen Stücken. Insofern bieten einem REFLECTOR hier nicht unbedingt etwas wirklich Neues, dafür ist ihr Gesamtsound aber schön roh und energetisch. Nichts, was der Krautrock- oder Psychedelic-Connaisseur nicht mal schon gehört hätte, aber REFLECTOR beherrschen ihr Handwerk auf jeden Fall und wirken dabei auch nicht bloß wie die Kopie der Kopie.
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